FRANCONICA-SAMMLUNG
Das Homburger Schloss beherbergt auch eine Sammlung mit Kunst aus Franken oder mit Bezug zu Franken, sozusagen: "Fränkische Schätze".
Die Sammlung umfasst Landschafts- und Personendarstellungen, Musikalien, Bücher und Tasteninstrumente, die etwas von der Geschichte von „Franka un drümrum“ erzählen.
FRÄNKISCHE LANDSCHAFTSDARSTELLUNGEN
Ansicht von Homburg am Main
„Homburg.“
Franz Anton Mayer, um 1825
Bezeichnet: „Nach der Natur gemalt = und litho. von F. Mayer“
Lithographie, koloriert
Größe: 24,5 x 35,5 cm
Die Ansicht zeigt Homburg von der gegenüberliegenden Mainseite bei Trennfeld. Sie zeigt den Ort noch ohne die Pfarrkirche St. Burkard, die erst 1833 erbaut wurde. Das Trennfelder Tor ist noch vorhanden. Im Jahr 1815 war Homburg zum Königreich Bayern gekommen und 1818 verlor es seine Stadtrecht.
Der Lithograph Franz Anton Mayer wurde 1810 in Schwäbisch Gmünd geboren. Von ihm sind Dutzende weiterer Ansichten von Orten und Städten im Südwesten Deutschlands bekannt. Auf einer Ansicht von Künzelsau um 1840 nennt er seinen damaligen Wirkungsort: „Nach der Natur gez u. lith. v. F. Mayer. Mergentheim, zu haben bey F. Mayer“
Eigentümer dieser Ansicht ist der Kulturverein Homburg am Main.
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Ansichten von Homburg und Triefenstein
aus: Ludwig Braunfels und Fritz Bamberger, Die Mainufer und ihre nächsten Umgebungen: nebst einer Stromkarte vom Main
Mit 54 Stahlstichen, nach Original-Zeichnungen von Fritz Bamberger in 18 Heften.
Würzburg Etlinger, [1847]
Stahlstiche
Blattgröße: 15 x 23 cm; Darstellung: 10,5 x 16,4 cm
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Blick auf Homburg von Norden aus mit Schloß, Bergfried, Kirche und Zehntscheuer, am Mainufer noch das Trennfelder Tor.
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Blick auf das Kloster Triefenstein und das auf der gegenüberliegenden Mainseite gelegene Lengfurt und den Weinberg Kallmuth.
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Blick auf Kloster Triefenstein von Lengfurt aus. Neben dem Ort Lengfurt mit seiner Kirche ist die alte Fährverbindung mit dem anschließenden Weg, der am Kloster Triefenstein vorbei durch den Spessart führt, zu erkennen. Er bildet einen Abschnitt der alten Poststraße von Würzburg über Roßbrunn - Remlingen - Lengfurt - Esselbach - Rohrbrunn nach Aschaffenburg und konnte ab 1690 im regelmäßigen Postverkehr auch mit Kutschen befahren werden. In ihrer gesamten Länge führte die Thurn-und-Taxis’sche Postroute seit 1615 von Brüssel nach Prag.
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Die St. Burkardusgrotte in Homburg am Main
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„Die St. Burkardusgrotte zu Homburg am Main.“
in: Deutscher Hausschatz, 4ter Jahrgang 1877/78, No. 20, (Seite 316)
Xylographie bzw. Holzschnitt
Größe der Darstellung: 19,6 x 15,6 cm
Die Zeitschrift „Deutscher Hausschatz“ erschien als Wochenzeitschrift von 1874 bis 1953. Sie zählte zu den am weitesten verbreiteten Zeitschriften in Deutschland. Ihre Ausrichtung war katholisch und stets wertkonservativ. Der darin enthaltene Beitrag „Eine heilige Stätte am Main. Die St. Burkardusgrotte zu Homburg.“ von einem ungenannten Autor (S. 315-317) ist eine gut recherchierte Darstellung der Geschichte des Bischofs Burkard und der Geschichte der 1721 eingerichteten Homburger St. Burkardusgrotte.
Als Illustration diente eine Xylographie, dies ist ein Druck, der in der ebenso genannten Drucktechnik, die dem Holzschnitt verwandt ist, hergestellt wurde. Sie zeigt beide Altäre und die noch heute vorhandene, als Weihwasserbecken dienende Renaissancesäule in der Tropfsteinhöhle. Heute ist der linke Altar entfernt, er findet sich als rechter Seitenaltar in der Homburger Pfarrkirche. Die Stalaktiten sind der Überlieferung nach in Notzeiten zum Teil abgeschlagen und verkauft worden.
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„Die St. Burkardusgrotte zu Homburg am Main.
Franz Scheiner’s lithog. Anstalt Würzburg.
Der Erlös aus den Bildern ist für die Restaurierung der Altäre bestimmt.“
Lithographischer Druck, koloriert
Blattgröße: 54,3 x 38 cm; Darstellung: 38 x 33,5 cm
Bald nach dem Erscheinen dieses Zeitungsbeitrags entstand nach gleicher Vorlage ein großformatiger Druck einer Lithographie der Grotte in der ebenso genannten Drucktechnik.
Der Lithograph Franz Ludwig Scheiner (* 1847 in Heidingsfeld; † 1917 in Würzburg) hatte eine gute Ausbildung im elterlichen Betrieb der seit 1825 bestehenden „Lithographischen Anstalt Johann Baptist Scheiner“ sowie in Frankfurt a. M. und Paris erhalten. Er übernahm die Firma, die heute noch in Marktbreit besteht, und entwickelte als Unternehmer die Produktion und den Vertrieb von Ansichtskarten. Auch Gelegenheitsdrucke, wie der laut Stempel im Homburger Pfarramt erhältliche Druck, wurden gefertigt.
Drei Porzellantassen mit Veduten von Keilberg und Schloss Weiler im Spessart bei Bessenbach
Kirchenhügel mit der St. Georgskirche (auch "St. Jörgen" genannt) und das neu errichtete Pfarrhaus samt Pfarrgarten, Schule und Linde
Schloss Weiler
Stürmer, Hessenthal, um 1835 bis 1840
Eine Tasse des Satzes ist bezeichnet: "Stürmer in Hessenthal 1840"
Polychrome Bemalung, ohne Marke einer Porzellanmanufaktur
Maße der Tassen: Höhe 6 cm, Durchmesser 6 cm, Maße der Untertassen: Durchmesser 13 cm
Die drei Tassen stammen aus einem Satz von vieren. Die Ansichten der Tassen sind nicht bezeichnet, sie sind aber eindeutig zu identifizieren: Zwei Tassen zeigen die St. Georgskirche, das Pfarrhaus samt Pfarrgarten, Schule und die Linde am Kirchplatz in Keilberg im Spessart. Das Pfarrhaus wurde im Jahr 1835 in der Folge dreier Vorgängerbauten neu errichtet. Neben dem repräsentativen, klassizistischen Pfarrhaus samt herrschaftlich anmutendem Pfarrgarten verfügte Keilberg auch seit 1788 über ein Schulhaus, und auch die dargestellte Linde ist als Naturdenkmal „Sommer-Linde“ noch heute erhalten. Die Kirche erhielt im 20. Jh. einen Anbau, wodurch die Architektur und Ausstattung der Pfarrkirche gänzlich erhalten werden konnte.
Eine Tasse des Satzes zeigt das nur wenige hundert Meter entfernte Schloss Weiler von seiner Westseite. Davor ist ein Engel, der zum Himmel deutet, und ein sichtlich erschrockener älterer Mann dargestellt. Das Schloss war 1647 bis 1667 als Wasserschloss von Philipp Erwein von Schönborn (1607-1668) erbaut worden. Den Vorgängerbau hatte er durch Vermittlung seines Bruders, des Erzbischofs und Kurfürsten Johann Philipp von Schönborn (1605-1673) erworben. Schloss Weiler war der erste Besitz der Schönborn in Franken, und da diese somit begütert waren, hatten sie auch Stimme im "Fränkischen Reichskreis".
Rudolf Franz Erwein Graf von Schönborn (* 1677 in Mainz; † 1754 in Gaibach), Enkel des Erbauers von Schloss Weiler, war später Patron beim 1747 begonnenen Rohbau der Pfarrkirche St. Georg, den er auf eigene Kosten erstellen ließ. Den Altar der Kirche bekrönt daher das Wappen dieser Adelsfamilie: In Rot auf drei silbernen Spitzen ein schreitender goldener Löwe mit blauer Krone.
Auch bei der Neuerrichtung des Pfarrhauses im Jahr 1835 beteiligte sich die Familie an den Kosten.
Die Tassen wurden unmittelbar nach der Neuerrichtung des Pfarrhauses gefertigt, an die vielleicht mit den Darstellungen erinnert werden sollte. Da zudem eine Tasse das Schloss Weiler, den Sitz der Gönner zeigt, vor allem aber wegen der überaus hohen künstlerischen Qualität der Porzellanmalerei, für die eigens Zeichnungen gefertigt werden mussten, dürfte der Auftraggeber wohl in dieser kunstsinnigen Familie zu suchen sein.
Der Porzellanmaler „Stürmer in Hessenthal“ war bisher gänzlich unbekannt. Wir können ihn aber seit kurzem identifizieren und fanden auch, dass er in einer Zeitung bereits im Jahr 1820 anbot: „Arbeiten auf Pfeifenköpfen und Tassen. Die Vorstellungen sind aus teutschen Classikern und griechischen Geschichten“. Somit schreiben wir ihm auch einige weitere in nächster Nähe entstandene und ebenso meisterliche Porzellanmalereien zu, so auf einem Pfeifenkopf die Vedute des „Höllhammers“, einer Mühle und Industrieanlage im Tal der Elsava im Spessart.
Eine ausführliche Schrift zu diesem bisher unbekannten aber höchst begabten Porzellanmaler, seinem Leben und Werk wird bald vorgestellt werden.
Tasse mit der Ansicht von Oberweißbach in Thüringen von Norden gesehen
Bezeichnet: "Oberweisbach von Mitternacht"
Hausen in Oberfranken, 1. Viertel 19. Jh.
Marke der Tasse: Blaumarke "H"
Polychrome Bemalung, goldstaffiert
Maße der Tasse: Höhe: 6 cm, Durchmesser der (vielleicht ergänzten) Untertasse 13 cm.
Die Rechteckkartusche mit der bezeichneten Ansicht der Stadt Oberweißbach in Thüringen zeigt u. a. die 1779 fertiggestellte "Hoffnungskirche" und die typischen, Bändern ähnlichen Felder und Äcker. Die Bezeichnung "von Mitternacht" bedeutet: von Norden aus gesehen.
Die Blaumarke "H" verrät den Herstellungsort der Tasse: Hausen in Oberfranken, bei Bad Staffelstein und dem Kloster Banz. 1802 erwarb der aus Kulmbach stammende Joseph Felix Silbermann die ehemalige Mühle des Klosters Banz in Hausen und begann dort Porzellan herzustellen. Mit Hilfe seiner Söhne erweiterte er den Betrieb, bis dieser infolge wirtschaftlicher Probleme 1938 übernommen wurde. Im Sortiment befanden sich vornehmlich bemalte Tassen und Pfeifenköpfe.
Zwei Zeichnungen einer Kunstreise an den Untermain im Juli 1903
sowie eine Tuschfederzeichnung, undatiert, vor 1910
Roland Anheisser (* 1877 in Düsseldorf; † 1949 in Jugenheim)
Aschaffenburg, Ehemaliges Stiftsgebäude und Stiftsglöcknerhaus an der Stiftskirche
Signiert: „A R [ligiert] | 11. 7. 1903.“
Bezeichnet: „Aschaffenburg, | Ehem. Stiftsgebäude an der Stiftskirche“
Zeichnung in Blei
Größe: 31 x 20,8 cm
und
Miltenberg, alte "Kolb’sche Schmiede", Hauptstr. 104
Signiert: „A. Anheisser. | 12. 7. 1903.“
Bezeichnet: „Miltenberg a/Main. | alte Schmiede.“
Zeichnung in Blei
Größe: 32,7 x 23,3 cm
und
Miltenberg, zwei Fachwerkhäuser, Hauptstraße 161 und 163
Signiert: „A R [ligiert]“
Tuschfederzeichnung
Größe: 38 x 26 cm
Die erste Bleistiftzeichnung zeigt am 12. Juli 1903 in Aschaffenburg, vom Treppenaufgang der Stiftskirche St. Peter und Alexander aus gesehen, das ehemalige Stiftsgebäude mit seiner gotischen Architektur und Dekoration (das heutige Stifts-Museum) und das Stiftsglöcknerhaus. Das Monogramm der Signatur in dieser Zeichnung erinnert an die Art der Signatur des von Anheisser verehrten Albrecht Dürer.
Die Reise verlief mainaufwärts, denn am Tag darauf fertigte Anheisser in Miltenberg die Bleistiftzeichnung der "Alten Schmiede". Bei dem heute noch erhaltenen Haus Hauptstraße 104 handelt es sich um eines der spektakulärsten Gebäude in Miltenberg. Zusammen mit dem "Riesen" gehört das Gebäude zu den Höhepunkten der Miltenberger Zimmermannskunst um das Jahr 1600. Das Haus liegt in der Hauptstraßenerweiterung zwischen dem "Riesen" und "Fränkischer Weinstube" auf der Mainseite. Unter dem Doppelfenster des 1. Stockwerks rechts des Erkers, in Anheissers Zeichnung nicht erkennbar, informiert eine Hausinschrift:
Dieser gantze bau steht in
gottes handtt
haus waidt bin ich genant
Augustinus Neuntzig
hatt ihn gemachett mitt
16 seiner handtt 15
Die Bezeichnung "Haus Waidt" weist auf einen Tuchfärber oder Tuchhändler als Bauherrn hin. Waid ist eine Pflanze, die vor allem im Großraum Erfurt wuchs und zum Tuchfärben und zum Blaudruck verwendet wurde. Erfurt gehörte wie Miltenberg zum Erzbistum Mainz, und so kamen Waid-Kaufleute schon zu Beginn des 15. Jahrhunderts nach Miltenberg. Augustin Neuntzig war der Zimmermann, Architekt und Bauunternehmer, der den Bau geschaffen hat. Er soll einer Legende nach bei Jakob Stoer, dem Baumeister des „Riesen", in die Lehre gegangen sein und behauptet haben, er könne seinen Lehrherrn übertreffen. Anfang des 20. Jahrhunderts befand sich in diesem Haus die alte "Kolb’sche Schmiede", dann die Werkstatt eines „Stellmachers“, der hölzerne Räder mit Speichen fertigte.
Die Hintergründe zu dieser Zeichnung wurden in freundlicher Zusammenarbeit mit Wilhelm Otto Keller in Miltenberg ermittelt.
Das zweite Miltenberger Blatt, eine Tuschfederzeichnung, zeigt zwei Wohnhäuser, vornehmlich das Haus in der Hauptstraße 163. Dieses, ein dreigeschossiger giebelständiger Satteldachbau mit reichen Zierfachwerkobergeschossen trägt einen spektakulären zweigeschossigen Giebelerker. Das Jahr der Erbauung ergibt sich durch den Vermerk „1623“ am Gebäude. Es befindet sich linker Hand vor dem "Alten Marktplatz", unmittelbar vor dem "Schnatterloch". Das Erdgeschoß ist heute verändert.
Die beiden Häuser dürften übrigens die ersten Häuser gewesen sein, die der Komponist Joseph Martin Kraus erblickt haben mag, denn er wurde 1756 auf der gegenüber liegenden Straßenseite geboren. Wie beim Aschaffenburger Blatt erinnert auch in dieser Zeichnung Anheissers das Monogramm seiner Signatur an die Art der Signatur Albrecht Dürers.
Blick auf Karbach bei Marktheidenfeld
Josef Versl (* 1901 in Landshut; † 1993 in Würzburg), Karbach 1948
Signiert und bezeichnet: „Josef Versl 1948 Blick auf Karbach bei Marktheidenfeld“
Aquarell und Tusche
Größe: 23,5 x 31 cm
Schon als Jugendlicher erhielt der Sohn des aus Gerolzhofen stammenden und in Heidingsfeld aufgewachsenen Glockengießers Ferdinand Versl und der aus Landshut stammenden Mutter Kunstunterricht in der Zeichenschule des Polytechnischen Zentralvereins Würzburg. Vor seinem zwanzigsten Lebensjahr kopierte er bereits Gemälde im Stuttgarter Landesmuseum, ging nach München, wo er Schüler bei Prof. Max Doerner war, sowie nach Hamburg an die Kunstgewerbeschule. 1928/29 war er Stipendiat der Villa Massimo in Rom.
Versl bezeichnete sich selbst als „Landschafter“. Zu seinem Werk zählen aber auch Portraits und Stilleben. Nach seinem Kriegsdienst durchwanderte Versl jeweils im Sommer von Goßmannsdorf ausgehend Untrerfranken. Hierbei entstanden ab 1946 Landschaftsdarstellungen, z.B. von Goßmannsdorf, vom Maintal bei Eibelstadt, von Veitshöchheim und Margetshöchheim, die von ihm immer „Blicke“ genannt wurden.
Der „Blick auf Karbach bei Marktheidenfeld“, dessen Standort des Malers einen guten Kilometer westlich des Orts an einem Waldrand zu finden ist, zeigt den Ort noch frei von Industriegebäuden und modernen Wohnanlagen.
Eine gefälschte Abbildung von Homburg am Main
Fried Lübbecke und Paul Wolff
Ins Land der Franken fahren - Eine Mainreise
Verlag von Velhagen und Klasing, Bielefeld und Leipzig
1. Auflage 1934
2. Auflage 1938
3. Auflage 1941
Im Jahr 1934 erschien ein sehr schöner Bildband mit 152 Photographien von Ansichten von fränkischen Dörfern, Städten und Innenräumen. Diese Photographien dürften um 1930 von Paul Wolff mit einer Plattenkamera aufgenommen worden sein und sind im Kupfertiefdruck wiedergegeben. Die Texte sind ursprünglich von Fried Lübbecke.
Eine zweite Auflage von 1938 und eine dritte Auflage von 1941 waren nur auf den ersten Blick unveränderte Neuauflagen, denn bei genauem Hinsehen bemerkt man auf einer einzigen Seite, der Seite 59, "Homburg a. M.", eine Veränderung:
Die Abbildung der Auflage von 1934 zeigt die Maintalstraße mit der Mühle, Geschäftshäusern, einem Fuhrwerk und Personen auf einer Bank sitzend und ein Kind mit Blick auf das Homburger Schloss. Auf der Fachwerkfassade eines Geschäftshauses ist der Name des Inhabers einer Sattlerei zu lesen: "M. Grünebaum", auf einem Aushängeschild "Max Grünebaum". In den zwei späteren Auflagen von 1938 und 1941 ist der Name dieses jüdischen Handwerksbetriebs des Max Grünebaum verschwunden. Die Schriftzüge wurden aus dem Negativ herausretuschiert. Ebenso verfuhr man mit einem Aushängeschid auf der gegenüber liegenden Hausseite mit der Aufschrift "Cigarren Cigaretten" am Haus des Hugo Lilienthal aus einer alteingesessenen jüdischen Viehhändler-Familie. Auch die Bildunterschrift wurde geändert. Statt einer geschichtlichen Beschreibung des Gebsattelschlosses und dem Hinweis: "Auf den Stühlen in der Dorfstraße sabbatfeiernde Juden" fehlt nun in der 3. Auflage der Hinweis auf diese Personen. Dafür wird das Gebsattelschloss als "ein Beispiel deutscher Baukunst." bezeichnet.
Dieser Versuch der "sorgfältigen Tilgung aller Spuren jüdischen Lebens in Franken" wurde gemeinsam mit Martin Harth entdeckt, und mit diesem Untertitel erschien in der Main-Post vom 8. April 2010 der detaillierte Beitrag "Zwischen Idylle und Tragödie" von Martin Harth, der auch über das weitere Schicksal dieser Familien Auskunft gibt.
FRÄNKISCHE PERSONENDARSTELLUNGEN
"Das vollstimmig reizende Clavecin."
Johann Elias Ridinger (* 1698 in Ulm; † 1767 in Augsburg), Augsburg, 2. Viertel des 18. Jh.
Schabkunstblatt (Mezzotinto)
Bildunterschrift:
"Das vollstimmig reizende Clavecin.
Dem Instrument gebührt der Vorzugs=Preiss vor allen,
Weil alle Stimmen man auf selbem bringt hervor;
Auch wann man spielt allein, so bringt doch sein erschallen,
Ein recht entzückendes Vergnügen Herz und Ohr."
"Organon hoc primum dicendum jure fatemur,
Ut quod tactum omnes exprimit arte Sonos;
Est clavis chordæ reserans modulamine corda,
Præsertim si vox allicit ista simul.
Ioh. Elias Ridinger excud. Aug. Vindel."
Plattengröße: 51,8 x 42,3 cm
Herkunft aus der bedeutenden fränkischen Sammlung: "Gräflich Faber-Castell", aus deren Ridinger-Versteigerung 1958, wie auch mit deren Lot-Nr. 98 auf dem Untersatzkarton Radulf Graf zu Castell-Rüdenhausen (1922-2004) dokumentiert.
Die "ridinger handlung niemeyer" beschreibt das Schabkunstblatt auf eine unvergleichliche Art, die wir hier, weil so trefflich, sehr gerne zitieren:
"Aus dem Bild herausschauende reich drapierte junge Dame beim den eigenen Gesang begleitenden Cembalo-Spiel. In einem nach Art der Niederländer mit Bodenfliesen ausgelegten Gartenzimmer unter weit hochgerafftem schweren Vorhang, als seit dem Mittelalter einem Träger des Geheimen und Verborgenen und von Ridinger seit dem Titelblatt zur 1722er Reitschule wiederholt bewußt eingesetzt, am offenen Ausgang zum Park, aus dem des Meisters Cypressen grüßen. Rechts im Bild zweiter hoher Stuhl, reich bedeckt von weiterem Vorhang, worauf ein geöffnetes Notenbuch liegt."
Zu ergänzen bleibt uns nur Spezielles zum Thema Musik:
Zum einen, dass wir hier eines der ganz selten erhalten gebliebenen süddeutschen Cembali jener Zeit erblicken können. Ganz typisch die mit leichtem Schwung verziert abgeschrägten Korpuswände bei der einmanualigen Klaviatur. Diese mit hellen Untertasten, wohl mit Buchsbaumholz belegt, und Obertasten mit dunklen Klötzchen. Die Wände dünn und zart gefertigt, so dass kein Deckel daran befestigt werden kann, sowie ein Gestell mit gedrehten Beinen, die mit Stegen verbunden sind. Ridinger könnte einem solchen Cembalo (französisch: "Clavecin") in Ulm oder in Augsburg, den Brennpunkten des frühen süddeutschen Clavierbaus, begegnet sein.
Zum Anderen: Ein zeitgenössischer Kenner mag bei der Betrachtung des Blattes möglicherweise den Raum mit einer Musik erfüllt hören, denn das Musikzitat im geöffneten Musikbuch konnten wir auflösen: Es handelt sich um den Anfang einer Aria des Komponisten Adam Krieger (1634–1666) mit dem Titel "Die Martins=Gans Spricht Bacchus kans."
Der köstliche Text der Aria ist Gott Bacchus in den Mund gelegt und lautet:
Wer sich mit mir in dieser Welt
erzeiget, daß es ihm gefällt,
Der liebt für allen meinen Wein,
sonst kann er nicht recht fröhlich seyn
Denn wer nicht trinckt der stirbt gar leicht,
weil seine Krafft und Safft entweicht.
ein solcher der sich selbst nicht stützt,
erfährt auch daß er niemand nützt,
Diß gute Volck ist auch al-hier,
und trincket lieber Wein als Bier,
Drum sol mein werther Reben-Safft
erwecken ihre Herzens-Krafft
Ihr Satyren auff, auff, steht auff,
vollführet euren Tanz und Lauff,
frisch auff, und tanzt, auff, auff, wer kans,
zu Ehren unsrer Mertens-Gans,
Seyd ihr erquickt ihr guten Leuth,
ey nun so tanzt in Fröhlichkeit,
Und wenn ihr werdet müde seyn,
so kostet nur den guten Wein,
Juch Evoë! rufft alle Welt,
weil aller Welt mein Tun gefällt,
Es ist auch keine Lust da nicht,
wo Ceres und sein Wein gebricht,
weil nun ein iedermann,
die Freude lieben kan,
wohlan so trincke denn ein iedermann.
So zeigt sich Ridinger als Protagonist des Stilumschwungs zum Rokoko. In seinen Mappenwerken hielt die Rocaille, das Muschelwerk Einzug, und er wagt sich gleich an das Erscheinungsbild der Menschen, wie bei unserem Beispiel ersichtlich: Das Frauenzimmer ohne „Modetorheiten“ wie Hochfrisur und gänzlich ohne Schmuck, nur mit einer Blüte im kurzen Haar. Nichts lenkt von ihrer Schönheit und der Schönheit der Natur draußen ab. Das Kleid der jungen Dame ist zwar prächtig, aber keinesfalls einengend, der Einstecker fehlt, und kokett zeigt sie ihre beiden Schühchen auf der Verstegung des Cembalogestells.
Diese Natürlichkeit ist gepaart mit bacchantischer Lebensfreude, zu der uns auch ein Vers des 1747 erschinenen Gedichts „Der verliebte Bauer.“ von Friedrich von Hagedorn (1708 – 1754) einfällt:
Rühmt mir des Schulzens Tochter nicht
Nein! Sagt nur, sie ist reich.
Im ganzen Dorf ist kein Gesicht
Der flinken Hanne gleich.
Das Mensch gefällt, auch ungeputzt,
Ich sag es ohne Scheu:
Trotz mancher, die in Flittern stutzt,
Sie sei auch, wer sie sei.
Näheres zu diesem Thema werden wir bald in einem Beitrag "Klingende Graphik – Musikzitate in Gemälden der Homburger Sammlung" auf dieser website publizieren.
Bildnis des Malers Johann Kupetzky (* 1666 in Prag; † 1740 in Nürnberg) mit seinem Sohn Christoph Johann Friedrich (* 1716; † 1733 in Nürnberg)
Bernhard Vogel (* 1683 in Nürnberg; † 1737 ebenda) nach einem Selbstportrait Jan Kupetzkys, Nürnberg 1737
Schabkunstblatt (Mezzotinto)
Bildunterschrift:
„JOANNES KUPEZKY, PICTOR, et ejusdem B. FILIUS.
Movet et Coelestia quondam Corda Dolor. Stat.
Idem Io. Kupezky pinx. / P.4. ***
Cum Privilegio Sac. Cæs. May.
hos Iconismos ARTIFICIS juxta Originale sculptos / decenti veneratione D.D.D. Bernhardo Vogelo, Norib. 1737.“
Plattengröße: 34,6 x 25,5 cm
Dem Schabkunstblatt liegt ein Ölgemäle von Jan Kupetzky zu Grunde, das dieser um 1725-1730 in Nürnberg schuf, und das sich heute im Herzog Anton Ulrich-Museum Braunschweig befindet. Es handelt sich um ein Selbstportrait Kupetzkys und zeigt ihn mit leidendem Gesichtsausdruck, einer durch seine Krankheit angeschwollenen rechten und einer einen Stock führenden linken Hand. Außerdem ist dessen Sohn Christoph Johann Friedrich mit einem Notenblatt einer Gesangstimme in der Hand, die mit „Aria“ bezeichnet ist, dargestellt. Er steht vor einem Clavichord, dessen Korpus schwarz gefasst ist, und dessen Untertasten schwarz belegt sind. Die Herkunft des Instruments aus Süddeutschland ist durch die Dekoration des Korpus mit Flammleisten ersichtlich, die nur in dieser Region vorkommen. Das Clavichord wirkt wie ein Sarg, als hätte der Künstler eine seherische Vorahnung gehabt.
So groß die geniale Begabung und das Renommee des Malers war, so groß war auch sein Unglück. Folgt man seinem Biographen Sándor Nyári, so war er, nach bitterer Armut in seiner Jugend, als Portraitmaler in Rom und Wien gesucht und gefeiert. Selbst die Versuche eines Zaren und eines Kaisers, ihn als Hofmaler zu gewinnen, wurden von Kupetzky abgelehnt. Auf der anderen Seite musste er bitter unter der mangelnden religiösen Toleranz leiden, die er als streng gläubiger „Böhmischer Bruder“ erfahren musste, ebenso unter dem großen Unglück in seiner Ehe, seiner Krankheit, seiner Liebe zu seinem Sohn und dem unendlichen Unglück bei dessen frühem Tod im Jahr 1733. Der Junge, der "das Clavier gut schlug", wurde als 17-jähriger von der Pest hinweggerafft, nur wenige Jahre nach dem Entstehen des Doppelportraits.
Der Nürnberger Kupferstecher und Kunsthändler Bernhard Vogel zählte zu den Freunden und Verehrern Kupetzkys. Sein Mappenwerk mit Schabkunstblättern nach den Werken Kupetzkys unter dem Titel „Joh. Kupetzky incomparabilis arificis imagines et picturae …“ enthält auch den von ihm im Jahr 1737 in Nürnberg gefertigten Druck mit dem Doppelportrait.
In der Bildunterschrift ist auch eine „geziemende Verehrung“ für den Maler ausgesprochen, und ungewöhnlich ist auch, dass Vogel seinen Druck mit einem vielsagenden Zitat versah. Das verkürzte Zitat stammt aus dem 5. Buch der „Thebais“ des römischen Dichters Publius Papinius Statius des 1. Jh. n. Chr. und lautet übersetzt ganz: „Selbst Himmelsgeister sind manchmal zu Empfindungen bewegt, und langsam, aber sicher schleichen sich die rächenden Mächte ein.“
Darstellung der Schauspielerin Claire Josephe Leris, genannt Mademoiselle Clairon (* 1723 bei Condé-sur-l’Escaut; † 1803 in Paris) in der Rolle der Medea
Johann Elias Haid (* 1739 in Augsburg; † 1809 ebenda) nach einem Gemälde von Charles-Andre Vanloo, genannt Carle Vanloo (* 1705 in Nizza; † 1765 in Paris), Augsburg
Bildunterschrift:
"peint par Carle Vanloo. Gravé par J. Elie Haid.
Hippolyte de la Tude Clairon. Veme Acte de Medée
Se vend á Augsbourg chez Jean Jaque Haid.
Schabkunstblatt (Mezzotinto) auf Bütten
Blattgröße 66,4 x 50,5 cm, Plattengröße 65,2 x 49,5 cm
Es handelt sich um die Darstellung der 4. Szene des 5. Akts aus der Tragödie "Médée" von Hilaire-Bernard de Longepierre (* 1659 in Dijon; † 1721 in Paris), in der die Schauspielerin Claire Josephe Leris, genannt Mademoiselle Clairon an der Comedie-Française brillierte: Rechts oben die auf dem Drachenwagen sitzende Medea mit dem Dolch und einer Fackel. Links unten der heraneilende Jason mit seinen Gefährten, den Argonaten, der fassungslos seine von Medea ermordeten Kinder auf den Palasttreppen liegend vorfindet.
Der Bezug zur fränkischen Landesgeschichte ist, dass Mademoiselle Clairon mit ihrem schauspielerischen Können und auch als Person auf den Markgrafen Alexander (1736-1806) in Ansbach so großen Eindruck machte, dass sie nach ihrem Besuch am dortigen Hof im Jahr 1773 als Maitresse des Markgrafen für 13 Jahre blieb. Sie trug stark bei zu der Einführung des moderneren frühklassizistischen Stils in den Künsten am Hof und ebenso zu der Gleichstellung der Katholiken. Auf die Entscheidungen des Markgrafen nahm sie stark Einfluss, was man ihr übel nahm. Da zudem Lady Elizabeth Craven (* 1750 in Westminster; † 1828 in Neapel) sie am Hof und in der näheren Umgebung des Markgrafen verdrängte, musste sie 1791 nach Paris zurückkehren. Markgraf Alexander sagte später von den beiden Damen: Die Clairon kostete ihn das Geld, die Craven das Land.
Das Schabkunstblatt feiert nicht nur das berühmte Gemälde Vanloos, das seit 1767 in den Besitz Friedrich des Großen kam und sich bis heute im Großen Palais in Potsdam befindet. In der Haupsache wird die Schauspielerin Clairon in ihrer Glanzrolle dargestellt, auf die in der Bildunterschrift deutlich hingewiesen wird. Der Darsteller des Jason hingegen wird meist übergangen: Henri Louis Cain (1728 - 1778), ebenfalls Schausieler an der Comedie-Française, sei hier genannt. Die Bedeutung dieser beiden Kunstwerke drückt sich auch in den Formaten aus: Vanloos Gemälde in Potsdan misst 230 x 328 cm, das Schabkunstblatt ist mit 65,2 x 49,5 cm ungewöhnlich groß.
Mater Dolorosa
Johann Baunach (+ 1765 in Eichelsdorf; 1828 in Würzburg) zugeschrieben
Würzburg um 1785/90
Alabasterrelief im originalen Rahmen
Maße des Reliefs: 11,5 x 9 cm; Maße des Rahmens: 20,5 x 10,5 cm
Derartige Arbeiten aus Alabaster mit Darstellungen von Heiligen und Personen der Antike wurden von dem Bildhauer Johann Baunach, einem Neffen und Werkstattnachfolger des bedeutenden Bildhauers Johann Peter Wagner (* 1730 in Obertheres; 1809 in Würzburg) gefertigt. Er gilt auch als derjenige, der die Entwürfe seines Meisters Wagner ausführte. Viele Altäre und Kanzeln in Kirchen in ganz Unterfranken sind sein Werk.
Der vergoldete Rahmen ist original und zugehörig.
Junger Herr am Clavier
Johann Friedrich Leberecht Reinhold (* 1744 in Neustadt an der Orla; † 1807), zugeschrieben
ohne Signatur und Bezeichnung; um 1785-1790
Gouache auf Papier
Größe: 27,8 x 24 cm
Johann Friedrich Leberecht Reinhold wurde in Thüringen geboren. Er war hauptsächlich als Portraitmaler für den Grafen Heinrich XXX. von Reuß-Gera tätig und bereiste hierzu auch dessen Verwandtschaft an den Reußischen, Thüringischen und Fränkischen Fürstenhöfen. So führt eine Spur dieses Portraits nach Schloss Markteinersheim bei Kitzingen, wo es sich möglicherweise vormals befand.
Bei dem Tasteninstrument dürfte es sich wegen der Höhe des Korpus um ein Tafelklavier handeln. Als höchsten Ton kann man f3 erkennen. Der Korpus des Instruments dürfte holzsichtig sein.
Der Zeit der Empfindsamkeit ist noch der liebevolle Blick des jungen Herrn wie auch das Thema seines Musizierens zugehörig: In den fein gemalten Noten kann man nur mit Lupe den Titel eines Liedes lesen: „Vergiß mein nicht“.
Junge Dame am Klavier spielend mit älterem Herrn als Zuhörer
Caspar Carl Fesel (* 1775 in Würzburg; † 1846 ebenda), möglicherweise zuschreibbar
ohne Signatur, Datierung und Bezeichnung; möglicherweise Würzburg um 1810–1815
Ölgemälde auf Leinen
Größe: ca. 100 x 85 cm
Der Schlüssel zu dem Gemälde ist das in das rosa Band der jungen Dame eingesteckte Blümchen: Ein Vergissmeinnicht. Die Bildersprache, die inzwischen vielen Betrachtern wie Malern nicht mehr geläufig ist, bedeutet, dass es sich um ein Gemälde zur Erinnerung an das bereits gestorbene Mädchen für die Angehörigen handelt.
Ein weiterer Schlüssel zu dem Gemälde ist das Namensschild des Tafelklaviers mit dem Text „Jacob Pfister Instrumentenmacher in Würzburg“. Ferner wissen wir, dass das Mädchen der Mode nach um 1810 gestorben sein wird und sicher zu einer sehr wohlhabenden Familie gehörte, wie der reiche Schmuck mit Perlenkette, Ohrringen und Ringen zeigt. In solch einem Haus fand man selbstverständlich auch ein Klavier: Der überregionale „Kaiserlich privilegierte Reichs-Anzeiger“ meinte damals „so werden jetzt von Jakob Pfister in Würzburg beynahe die besten [und damit auch teuersten Fortepianos] in Deutschland verfertigt; die auch als Meubles schon einen vorzüglichen Werth haben.“ Und welche Familie konnte ein so großformatiges Gemälde hängen? Das Musizieren, vielleicht auch das Singen, war sicher die liebste Tätigkeit der jungen Dame, so kannten die Angehörigen sie. Der bewundernd zuhörende Herr scheint zu alt für ihren Vater, und von der Mutter fehlt jede Spur, meist erinnern wenigstens ein Portrait an der Wand oder ein kleiner Gedenkstein an diese, sollte sie bereits verstorben sein.
Auch der Maler ist nur unsicher zuzuschreiben. Carl Fesel war der Sohn des letzten Würzburger Hofmalers Johann Christoph Fesel (* 1737 in Ochsenfurt; † 1805 in Würzburg). Wir meinen, stereotype Ähnlichkeiten in anderen erhaltenen Gemälden Carl Fesels zu erkennen.
So bleibt die Hauptperson unbekannt und rätselhaft, und wir wollen eine Vermutung bisher nicht öffentlich machen. Das Tafelkavier entspricht der Bauweise der Tafelklaviere von Jacob Pfister. Sein Tafelklavier von ca. 1800 in der Homburger Sammlung (siehe dort) ist noch in streng längsrechteckiger Form, das im Gemälde abgebildete Instrument hat bereits „abgeplattete“ Ecken, die die strenge Form etwas mildern. Diese Gestaltung findet man bei Möbeln bereits wenige Jahre nach 1800. Der tiefste Ton könnte F1 sein, die Klaviatur bleibt bei Pfister noch bis 1815 mit schwarzen Untertasten. Die rötliche Farbe des Korpus könnte auf die Holzart Kirsche hinweisen.
Portrait des Vincenzo Righini (* 1756 in Bologna; † 1812 ebenda)
Friedrich Wilhelm Bollinger (* 1777 in Berlin; † 1825 ebenda), Berlin 1803
Kupferstich in Punktier-Manier nach einer eigenen Zeichnung
Bezeichnet unter dem Bildoval spiegelbildlich: "Dessiné et gravé d’après la nature par F. W. Bollinger Berlin 1803"; Betitelt unten Mitte: "Vincenzo Righini"
Bildgröße mit der Schrift 14 x 9,5 cm
Im Jahr 1788 trat Righini als Hofkapellmeister in Mainz in den Dienst des Kurfürsten von Mainz Friedrich Karl Joseph von Erthal. Zuvor war er stellvertretender Hofkapellmeister in Wien gewesen. Als Righini 1793 als preußischer Hofkapellmeister nach Berlin berufen wurde, folgte ihm Johann Franz Xaver Sterkel als Hofkapellmeister in Mainz nach. In Berlin schuf Righini zahlreiche, mit großem Erfolg aufgeführte Opern.
In Righinis Mainzer Zeit entstanden zahlreiche Lieder und Duette mit Klavierbegleitung sowohl in italienischer, wie auch deutscher und auch französischer Sprache. Diese wurden in den Mainzer Verlagen von Zulehner und von Schott veröffentlicht. Zahlreiche seiner Liedersammlungen sind in der Homburger Sammlung erhalten.
In gewisser Weise sind Vincenzu Righini, Johann Franz Xaver Sterkel und Ludwig van Beethoven durch eine denkwürdige Begegnung Beethovens und Sterkels in Aschaffenburg im Jahr 1791 verbunden, die durch Beethovens Freund Franz Gerhard Wegeler in seinen Biographischen Notizen über Ludwig van Beethoven überliefert ist:
"Beethoven, der bis dahin noch keinen großen, ausgezeichneten Klavierspieler gehört hatte, kannte nicht die feinern Nuancirungen in Behandlung des Instrumentes; sein Spiel war rauh und hart. Da kam er auf einer Reise von Bonn nach Mergentheim, der Residenz des Kurfürsten in seiner Eigenschaft als Deutschmeister, mit dem Orchester nach Aschaffenburg, wo er durch Ries, Simrock und die beiden Romberg zu Sterkel gebracht wurde, welcher, dem Gesuch Aller willfahrend, sich zum Spielen hinsetzte. Sterkel spielte sehr leicht, höchst gefällig, und, wie Vater Ries sich ausdrückt, etwas damenartig. Beethoven stand in der gespanntesten Aufmerksamkeit neben ihm. Nun sollte auch er spielen, that dieses jedoch erst dann, als Sterkel ihm zu verstehen gab, er zweifle, daß selbst der Compositeur obiger Variationen [Beethovens Righini-Variationen] sie fertig spielen könne. Jetzt spielte Beethoven nicht nur diese Variationen, so viel er sich deren erinnerte, (Sterkel konnte sie nicht auffinden,) sondern gleich noch eine Anzahl anderer, nicht weniger schwierigen und dies, zur größten Ueberraschung der Zuhörer, vollkommen und durchaus in der nämlichen gefälligen Manier, die ihm an Sterkel aufgefallen war. So leicht war es ihm, seine Spielart nach der eines andern einzurichten."
Portrait des Johann Franz Xaver Sterkel (* 1756 in Würzburg; † 1817 ebenda)
Heinrich Eduard von Wintter (1787 in München; † 1829 ebenda), wohl München 1816
Lithographie
Bildunterschrift: " J. Fr. Xav. Sterkel H. E. v. Wintter del. 1816."
Bildgröße des Ovals: 18,5 x 14,5, cm;
Es handelt sich um ein Einzelblatt der in mehreren Heften von von Wintter mit Texten von Felix Lipowsky herausgegebenen "Portraite der berühmtesten Compositaer [!] der Tonkunst.", München, Ites Heft. 1816].
MUSIKALISCHE NOTEN
Sammelmanuskript mit deutscher Claviermusik um 1700, darunter Werke von Johann Pachelbel (* 1653 in Nürnberg; † 1706 ebenda) und Johann Krieger (* 1651 in Nürnberg; † 1735 in Zittau) sowie weitere bisher nicht nachweisbare Werke; die zweite Hälfte des Manuskripts mit Lieder- und Arientexten sowie literarischen Aufzeichnungen
Die Clavierwerke möglicherweise in Thüringen um 1700 bis 1750, die Liedertexte anschließend in Mainstockheim bis ca. 1820 eingetragen
Besitzervermerk: "Anna Margaretha Sattesin in Maynstockheim."
Halbpergamentband mit ca. 80 Seiten
Größe: 16 x 20 cm
Der Sammelmanuskriptband ist sowohl für die Musikwissenschaft wie auch für die Volkskunde sehr bedeutend. Das Büchlein kam offensichtlich durch den Komponisten Johann Heinrich Zang (* 1733 in Zella; † 1811 in Würzburg) nach Mainstockheim. Zang war 1748/49 Schüler von Johann Sebastian Bach. Die Abschrift der Clavierwerke dürfte für Studienzwecke im Cembalospiel wie auch in der Komposition angefertigt worden sein. Nach Zangs Ankunft in Mainstockheim im Jahr 1752 wurde das Büchlein mit dem Eintrag von Gedichten und Arientexten u.a. von Friedrich von Hagedorn (* 1708 in Hamburg; † 1754 ebenda), Arientexten aus der komischen Oper "Die Jagd" aus dem Jahr 1770 von Christian Felix Weiße (1726-1804), zu der Johann Adam Hiller die Musik lieferte, der heroisch-komischen Oper "Der Spiegel von Arkadien" von Emanuel Schikaneder (1751-1812), zu der 1795 Franz Xaver Süßmayr die Musik lieferte, bekannten Gedichten von Pietro Metastasio (1698-1792) und volkstümlichen Liedertexten fortgeführt. Zang blieb für ca 50 Jahre als Kantor und Lehrer in Mainstockheim. Seinen Lebensabend verbrachte er in Würzburg und verstarb im dortigen Juliusspital.
Die Cembalowerke und Texte sind bereits transkribiert und werden bald der Öffentlichkeit vorgestellt.
Benedict Geisler (* 1696 in Dettelbach; † 1772 in Kloster Triefenstein)
6 Lauretanische Litaneien und 12 Antiphone, Op. VI
Titel: "CONCENTUS MARIANUS Seu SEX LAURETANÆ Gloriosissimæ Dei-Parenti MARIÆ"
Jacob Lotters Erben, Augsburg 1746
Typendruck
Größe: 32 x 22,5 cm
Benedict Geisler wurde 1696 in Dettelbach geboren und auf den Namen Caspar getauft. Ab 1717 war er an der Universität Würzburg als „logicus“ eingeschrieben. Im Jahr 1720 trat er in das Augustinerchorherrenstift Triefenstein ein und erhielt den Klosternamen Benedict. Vier Jahre später wurde er dort zum Priester geweiht. Von Geislers Kompositionen sind ausschließlich seine zwischen 1738 und 1753 entstandenen 9 umfangreichen und gediegen ausgearbeiteten kirchenmusikalischen Werke erhalten, die in Bamberg und Augsburg gedruckt erschienen.
Dreimal floh Geisler aus dem Kloster, bei seiner letzten Flucht wurde er gefasst, und der „Unkorrigierbare“ starb 1772 nach mehr als 24 Jahren Kerkerhaft unbegnadigt im Kloster Triefenstein.
Der interessante Hinweis "contra Pestem" (gegen die Pest) findet sich in Geislers Vorrede und könnte auf den Anlass der 1746 gedruckten Komposition weisen: Nach der Schlacht bei Dettingen im Juni 1743 wütete eine Thyphusseuche im Frankfurter Raum. Derartige Epidemien stehen in Zusammenhang mit den Kriegsumständen und wurden daher auch "Kriegspest" genannt:
„Antiphonas contra Pestem oder Stella Coeli, als welche bei diesen so hart= und gefährlichen Zeit=Umständen einem Marianischen Liebhaber nicht unangenehm fallen können“.
In Zeiten der Bedrängnis durch Epidemien oder Kriege ist ein Anruf Marias um Fürbitte also der Zweck dieser ebenso schönen wie eindringlichen Musik.
Die Notenbände sind "in gelber Decke" gebunden, wie es im Inventar der Stadt- und Wallfahrtskirche Walldürn von 1826 verzeichnet ist. Dort waren die Bände seit etwa 1750.
Georg Joachim Joseph Hahn (* 1712 in Münnerstadt; † 1772 ebenda)
34 leichte teutsche Arien, Op. VII.
Titel: "[Wiederhohltes Marianisches Sing= und Kling=Opffer bestehend aus XXXIV. leichten teutschen ARIEN, XIV. Auf die besondere Fest=Täg Mariä. X. Von Maria zu allen Zeiten. und X. zugesetzte. Als 2. von JEsu zu allen Zeiten 4. für die Kirchweyh Danckfest Primitz Hochzeit 2. von dem Tod und 2. für die Abgestorbene."
Johann Jacob Lotters seel. Erben, Augsburg 1756
Typendruck
Größe: 33 x 21,5 cm
Georg Joachim Joseph Hahn wurde 1712 in Münnerstadt geboren, besuchte das dortige Augustinergymnasium, war wahrscheinlich Schreiber im Juliusspital in Würzburg, um dann 36 Jahre in seiner Heimatstadt als Rektor der Lateinschule und Leiter des Chores der Stadtpfarrkirche St. Magdalena zu wirken. Den Schwerpunkt seines kompositorischen Schaffens stellen geistliche Vokalwerke dar, aber auch ein Lehrwerk über das Spiel des Generalbasses machten ihn bekannt. Er starb 1772 als sehr geachteter Komponist und Senator in Münnerstadt.
Hahn liebe es, wie in dem Zyklus "Wiederhohltes Marianisches Sing= und Kling=Opffer" die Gottesdienste im Jahresverlauf mit ansprechender und von Laien zu bewältigenden Vokalwerken zu bereichern. Wie auch in seinem Werk "32 leichte teutsche Arien" gab es dazu ein Kalendarium, in dem die diversen Marienfeste oder die Feste der Heiligen mit den hierzu komponierten Arien zu finden waren. Diese drückten durch die unterschiedliche Besetzung, Tonart und Tempi die jeweils geeignete Stimmung aus.
„Zum allgemeinen Gebrauch denen Land-Chören herausgegeben“ heißt es im Vorwort der Werke des „Chor-Directors“ der Münnerstädter Stadtpfarrkirche St. Magdalena und zeigt, dass in allen Kirchen Frankens, auch auf dem Land, Musik guter Qualität die Gottesdienste ausschmücken sollte.
Peregrin Pögl (* 1711 in Sandau/Böhmen; † 1788 in Kloster Neustadt am Main)
Antiphonale Marianum, Op. VII
Titel: "ANTIPHONALE MARIANUM EXHIBENS XXXII. ANTIPHONAS MARIANAS"
Klosterdruckerei Neustadt am Main, 1763
Typendruck
Größe: 33,5 x 21 cm
Peregrin Pögl wurde 1711 in Sandau in Böhmen geboren und auf den Namen Joseph getauft. Die Familie siedelte nach Franken über, wo sein Bruder Jacob als Sekretär des musikliebenden Grafen Rudolf Franz Erwein von Schönborn in Wiesentheid nachweisbar ist, und ein Georg Joseph Pögl Amtmann in Pommersfelden. 1734 schloss sich Pögl dem Orden der Benediktiner an, trat 1735 in das Kloster Neustadt am Main ein, legte die Ordensgelübde ab und erhielt den Ordensnamen Peregrinus. 1738 wurde er zum Priester geweiht und 1764 zum Prior gewählt.
Pögls musikalische Ausbildung dürfte nach seiner Übersiedlung nach Franken im Zusammenhang mit der Förderung der Künste durch die Familien von Schönborn und von Hutten stehen. Im Kloster Neustadt fand Pögl ein florierendes Musikleben vor, sogar eine Notendruckerei wurde durch Verbindungen zum Bamberger Musikverlegers Johann Jacob Schnell im Kloster eingerichtet. Im Kloster war ein fortschrittlicher, aufgeklärter und selbsbewusster Geist zu spüren.
Als ein seit Jahrhunderten währender Rechtsstreit über die Reichsunmittelbarkeit der Abtei mit dem Fürstbistum Würzburg wegen einer Publikation der Klosterdruckerei eskalierte, wurde Pögl 1769 durch Fürstbischof Adam Friedrich von Seinsheim seines Amtes enthoben und zum Zellerar bestimmt. Des weiteren musste die Klosterdruckerei geschlossen werden. Ab diesem Zeitpunkt entstanden keine Kompositionen mehr durch Pögl, zumindest nicht unter seinem Namen. In seinen letzten Lebensjahren war Pögl erblindet. Er starb 1788 in Kloster Neustadt am Main.
Die in roter Decke gebundenen Hefte stammen aus der Pfarrkirche in Hardheim, und ihr Zustand beweist eine rege und lebhafte Benutzung durch die singenden Knaben. Ein zweiter Satz von Stimmbüchern, "in gelber Decke" gebunden, stammt ebenfalls aus der Stadt- und Wallfahrtskirche Walldürn.
Henry Joseph (Heinrich Joseph) Rigel (* 1741 in Wertheim; † 1799 in Paris)
Pieces de Clavecin Op. V
Suite des Pieces de Clavecin Op. VI
Six Sonates des Clavecin Op. VIII
Grüner zeitgenössischer Pergamentband mit Goldprägung
Paris, "Chez L’auteur", 1770 u. 1771
Vermerk: Unterschrift "H. J. Rigel"
Besitzvermerk: "Mad. La B. de Talleyrand"
Stiche
Grüße: 21,5 x 29,5 cm
Der aus Wertheim stammende Heinrich Joseph Rigel, Sohn eines höheren Beamten am Wertheimer Hof, ging um 1767 nach Paris und hatte dort schnell großen Erfolg. Vielleicht halfen ihm Empfehlungsschreiben eines Fürstlich Löwenstein‘schen Hauses, um Kontakte zu einflussreichen Personen zu bekommen und Schüler zu erhaltenn. Derartige Empfehlungen besaß Mozart einige Jahre später in Paris nicht, und so erklärt sich vielleicht auch, dass seiner Reise kein großer Erfolg beschieden war.
Die Bände tragen Rigels Unterschrift auf den Titelseiten. Mit ihren Unterschriften bestätigten Komponisten, die ihre gedruckteten Kompositionen im Selbstverlag herausgaben, den Verkauf.
Rigel führte in den angesehensten Konzertreihen seine Symphonien und Oratorien auf, selbst zur Cembalo spielenden Königin Marie Antoinette hatte er persönlichen Kontakt. Auf dem Gipfel seines Erfolgs traf er mit dem in Miltenberg geborenen und schwedischen Kapellmeister Joseph Martin Kraus während dessen großer Europareise in Paris zusammen.
Die Revolution zerstörte alles, was Rigel aufgebaut hatte.
Die drei Hefte wurden in einen grünen Halbpergamentband gebunden, ebenso wie ein anderer Sammelband mit Werken von Johann Franz Xaver Sterkel, Leontzi Hanauer und Jean Theophile Eichner. Diese Bände stammen aus der Sammlung der Familie Talleyrand, einer der bedeutendsten Musikaliensammlungen der Zeit.
Joseph Martin Kraus (* 1756 in Miltenberg; † 1792 in Stockholm)
Trauerkantate
Titel: "Musik vid Högst Salig Hans Kongl. Majt. KONUNG GUSTAF IIIs: Begrafning i Kongl. Riddarholms Kyrkan den 14 Maji 1792. Författad af Kongl. Capellmästaren JOSEPH KRAUS"
Besitzervermerk: „P. A. Tham 1795“
STOCKHOLM och Kongl. privilegierade Not-Tryckeriet. [1792]
Stich
Größe: 31,5 x 23,5 cm
Joseph Martin Kraus, im Mainzischen Miltenberg geboren, in Buchen aufgewachsen und am Mannheimer Gymnasium hervorragend ausgebildet, entschied sich, seine Heimat zu verlassen, vielleicht wegen der empfundenen Ungerechtigkeit und Willkür im Mainzer Staat. "An fremden Ufern soll das Glük mich erwarten." schrieb er den Eltern und ging nach Stockholm, wo er schließlich königlicher Kapellmeister wurde. Eine höhere Position hat in Süddeutschland kein anderer Musiker erreicht.
Auf einer mehrjährigen Reise zu den Musikzentren in Mitteleuropa sollte er Kenntnisse für die Neuerrichtung des Musiktheaters in Stockholm sammeln. Auf dieser Reise begegnete er u. a. seinem Idol Christoph Willibald Gluck, Joseph Haydn und in Paris seinem Landsmann vom Untermain Henry-Joseph Rigel.
König Gustaf III., in dessen Diensten Kraus stand, wurde während eines Maskenballs durch einen Schuss eines Attentäters schwer verletzt und starb fast zwei Wochen später an seinen Verletzungen. Kraus, der das Attentat aus der Nähe miterlebt hatte, erhielt den Auftrag, eine Trauermusik für die Aufbahrung und eine Trauerkantate, d.h. ein Requiem für die Bestattung des Monarchen zu schreiben. Ohne Perspektiven und Hoffnungen, zuden körperlich geschwächt, starb er wenige Wochen nach seinem König. Er wird das Requiem als sein eigenes verstanden haben.
Der Druck enthält einen längeren handschriftlichen Eintrag, der die Bedeutung von Kraus als Komponist hervorhebt und die Proben zur Aufführung der Trauerkante mit dem Zusammenbruch von Kraus beschreibt.
Der Besitzervermerk kann in der Person Pehr Tham till Dagsnäs (1737-1820) aufgelöst werden. Tham war der Besitzer des Dagsnäs-Anwesens von Hornborgasjön. Der vermögende Grundbesitzer war Schriftsteller, Illustrator, hatte Funktionen am Hof, so als Hofintendant und war Mitglied der "Gothischen Gesellschaft" und mehrerer "Königlichen Akademien", so der der "schönen Künste", der "Landwirtschauftlichen Wissenschaften" und der "Geschichte und der Altertümer". Er besaß eine der größten Bibliotheken des Landes, die nach seinem Tod auf zwei Auktionen verkauft wurde.
In der Homburger Sammlung befinden sich weitere Werke von Kraus.
Johann Franz Xaver Sterkel (1750–1817)
3 Klaviersonaten op. 34
Titel: "Trois Sonates Pour le Clavecin ou Piano-forte dediées a Son Altesse Serenissimme Monsieur le Prince Hereditaire de Hohenlohe Bartenstein General Major au Service de l’Empire. par J. F. Sterkel Oeuvre 34"
Chez Schott á Maience. [1797]
Stich
Größe: 23 x 31 cm
Neben diesen Klaviersonaten befinden sich in der Homburger Sammlung über 150 (Erst-)Drucke, darunter Klavierwerke, Klavierkammermusik und Liedersammlungen dieses zu seiner Zeit überaus geschätzen Komponisten. So handelt es sich um den größten Fundus dieses Komponisten. Auch in den Metropolen London, Wien und besonders Paris war Sterkel sehr erfolgreich und in den renommierten Konzertreihen mit seinen Kompositionen vertreten.
Oft besitzen die Noten dieser Sammlung Besitzervermerke berühmter Häuser, wie "M. v. Gruben Aschaffenburg", der Familie des Ignaz Friedrich Freiherr von Gruben, des Geheimen Staatsrats und Gouverneurs des Fürstentums Aschaffenburg, oder der Familie Talleyrand in Frankreich.
Catharina Bauer (* 1785?; † ?)
Variationen „Ä Schüßerl und ä Reindl“ für Klavier, Op. 3
Titel: "Douze Variations de l’air: ae Schüßerl und ae Reind’l composées pour le Piano-Forté par Demoiselle Cathe. Bauer de Wurzbourg, & par elle dediées à Monsieur Sterkel, son maitre. Oeuvre 3e."
A Offenbach s/m, chés Jean André. [1799]
Stich
Größe: 22,3 x 33 cm
Eine Schülerin Sterkels war auch die rätselhafte Catharina Bauer, deren Lebensdaten bisher nicht eindeutig geklärt werden konnten. Zeitungsberichte schreiben voller Bewunderung von ihrem Spiel, z. B. eines Klavierkonzerts von Mozart in Würzburg. Lehrer und Schülerin schätzten sich sehr und beide komponierten Variationen über die selben Themen.
Das Thema der abgebildeten Variationen stammt nach Sterkels Stiefbruder Friedrich Lehritter aus "der bekannten und mit sehr vielem Beyfall aufgenommenen Oper: Der Tyroler Wastl.", deren erste beiden Strophen lauten:
|: A Schisserl und a Reindl
Is all mein Kuchlg'schirr :|
Und wenn i halt an di gedenk,
So wird mir's Leibl glei zu eng,
So man i, so man i,
So man i, i bin bei dir.
|: Hast gsagt du willst mi nehma,
Aft wann der Summer kommt :|
Der Sommer, der is komma,
Du hast mi no nit gnomma,
Geh nimm mi, geh nimm mi,
Gelt ja, du nimmst mi do ?
Wolfgang Amadé Mozart (1756 in Salzburg; † 1791 in Wien)
Andante cantabile aus der Klaviersonate B-Dur (KV 333)
Auf Umschlagblatt handschriftlich: "Franckenstein"
Handschriftlicher Inventarisierungsvermerk mit Bleistift auf Umsschlgblatt: 377
Größe: 35,2 x 21,2 cm
Es handelt sich um eine Abschrift der "TROIS SONATES pour le Clavecin ou Pianoforte La troisiéme est accomp: d’un Violon oblg: composèes par Mr. W. A. MOZART Dedièes A SON EXCELLENCE MADAME LA COMTESSE TERESE KOBENZL", die 1784 von Christoph Torricella in Wien als Erstdrucke erschienen. Bei Schott in Mainz erschien diese Zusammenstellung 1785. Die Abschrift wurde von dem aus dem Weimarischen stammenden Johann Wilhelm Franckenstein auf hiesiges, d. h. Papier der Homburger Papiermühle angefertigt. Da Franckenstein sich 1789 um die Kantoren-Stelle erfolgreich bewarb, dürfte die Abschrift in diesem Jahr oder nur wenige Zeit zuvor entstanden sein.
In der Abschrift sind enthalten:
Wolfgang Amadeus Mozart, Klaviersonate in B (KV 333), daraus 1. Satz: Allegro und 2. Satz: Andante cantabile
Wolfgang Amadeus Mozart, Klaviersonate in D (KV 284), daraus 3. Satz: Andante
Die Abschrift stellt den frühesten Nachweis eines Werks von Mozart in der Region dar.
Die Noten stammen aus der fürstlich Löwenstein-Wertheim-Freudenberg‘schen Hofbibliothek, wie die Übereinstimmung der Inventarnummer auf den Noten mit dem dort noch vorhandenen Inventar-Verzeichnis samt Titeleintrag zeigt. Aus dieser Bibliothek gelangten noch weitere wertvolle Noten in die Homburger Sammlung (siehe weiter unten).
Peter Anton Kreusser (* 1765 in Lengfurt; † 1831 oder 1832 in München)
Sechs Walzer für Klavier, Op. 11
Titel: "Six WALTZES, for the Piano Forte in which are Introduced several Favorite Airs Composed and Dedicated to Mrs. Huskisson. by | P. A. Kreusser 1st Set. Op. XI."
LONDON. Printed for the Author, and to be had at his House No 44. Greek Street Soho. [um 1800]
Stich
Größe: 33,4 x 24,2 cm
und
Duett für Klaviere zu vier Händen, Op. 24
Titel "DUET, For Two Performers, on the Piano Forte, Composed and Dedicated to Mss. Angela Dougan, and Miss Mary Lyer Underwood, OF DEVONSHIRE By P. A. KREUSSER."
London Printed for the Author & to be had of him 33 Rathbone Place. [um 1800]
Stich
Größe: 32 x 24,5 cm
Der in Lengfurt geborene Peter Anton Kreusser dürfte bei Georg Anton Kreusser (1743-1810), dem Konzertmeister am Mainzer Hof seine musikalische Ausbildung erhalten haben. Er scheint dann am Hof in Paris als Violinist tätig gewesen zu sein. Die dortigen Unruhen im Zusammenhang mit der Französischen Revolution veranlassten Peter Anton Kreusser, nach London zu gehen. Dort gab er sich als schwäbischer Adeliger aus. Hier begann seine Aktivität als Komponist. Sein Oeuvre besteht ausschließlich aus Werken für das Klavier zu zwei und vier Händen und einigen Liedern.
Im Jahr 1823 siedelte er nach München um, wo er und seine Nachkommen von Maximilian II, dem König von Bayern nobilitiert wurden und den Titel "Freiherr" tragen durften. Dort starb Kreusser während der Cholera-Epidemie.
Seine Werke sind eine Fundgrube für die musikalische Volkskunde, da etlichen Walzern in seinen Sammlungen die Themen alter deutscher Lieder zu Grunde liegen: "Waltzes, for the Piano Forte, in which there is introduced an old German air" heißt es in diesen Sammlungen. Da Kreusser aus einer großen Musikerfamilie aus dem Unterfränkischen Lengfurt stammt und in Mainz ausgebildet wurde, dürften diese Melodien in dieser Region ihren Ursprung besitzen.
Joseph Küffner (* 1776 in Würzburg; † 1856 ebenda)
Romance et Rondeau Militaire für Klavier
Titel: "Romance et Rondeau militaire pour le Piano=Forté, dediée a Madame la Baronne Eleonore de Gebsattel Dame de la Cour chez les Princesses de S.A.I.R. Archiduc Grand-duc de Wurzbourg par J. Küffner."
Wurzbourg chez Chretien Bauer. No. 19 [1809].
Lithographie
Größe: 27 x 35,5 cm
Küffner hatte sich erst dem Rechtsstudium zugewandt und wurde später durch seinen Vater, den Würzburger Hofkonzert-Meister, im Violin- und Klavierspiel ausgebildet.
Die Widmungsträgerin Eleonore von Gebsattel war Gesellschaftsdame der Töchter des Großherzogs von Toskana Ferdinand III: Marie Luise (1798-1857) und Marie Therese (1801-1865). Sie ging 1814 mit dem Großherzogtum nach Florenz. Der Einzug in den Palazzo Pitti fand am 17. September 1814 mit der Kammerdienerin Apollonia Weber und dem Religionslehrer der Töchter, Pater Pais statt. Beigesetzt wurde sie im Kreuzgang von Santo Spirito.
Noch in der Würzburger Zeit im Jahr 1809 komponierte Joseph Küffner diese großartige Klaviermusik, in der für Staatsmänner nicht befrendlichen Kombination einer Romanze und einer Militärmusik. Der Notendruck ist eine "Incunabel", eine frühe Lithograpie des Würzburger Musikverlegers Christian Bauer.
Michael Henkel (*18. Juni 1780 in Fulda; † 4. März 1851 ebenda)
Variationen über die Anfangsbuchstaben C.D. und D.C.
Titel: THEMA mit Variationen für das Piano-Forté über C.D. und D.C. als die Anfangs-Buchstaben des höchsten Namens seiner königlichen Hoheit des durchlauchtigsten Grosherzogs von Frankfurt, Fürst-Primas des Rheinischen Bundes, Erzbischofs von Regensburg &. &. komponirt und Allerhöchst-denselben allerunterthänigst zugeeignet am 4ten Nov: 1812 von M. HENKEL.
Offenbach a/m, bey Joh: André. 1812.
Lithographie
Größe: 23 x 32,3 cm
Die in keiner anderen Sammlung nachweisbare und offensichtlich als Unikat erhaltene Komposition ist ein Zeichen der Verehrung für Carl Theodor von Dalberg (1744–1817), dem diese gewidmet ist.
Sein Name wird auf der Titelseite nur durch die kalligraphisch aufwändig gestalteten Initialen „C.D.“ und umgekehrt „D.C.“ seines Namens Carl Dalberg angedeutet.
Den Titel „Großherzog von Frankfurt“ trug Carl Theodor seit der Gründung dieses kurzlebigen Großherzogtums im Jahr 1810 bis zu dessen Auflösung 1813. Für den Verlust seines Fürstentums Regensburg, das an das neu entstandene Königreich Bayern fiel, hatte er als Ausgleich diesen Titel sowie die Fürstentümer Fulda und Hanau erhalten. Die Titelseite spricht ihn folglich auch mit „Königliche Hoheit“ an, die einem Großherzog zusteht.
Als „Fürstprimas“ führte er den Vorsitz der Fürsten des Rheinbundes. Er war der einzige Inhaber dieses Amts, das 1806 auf Veranlassung Napoleons entstanden war und 1813 mit dem Rheinbund unterging.
Neben seiner staatsmännischen Bedeutung war Carl Theodor immer noch „Erzbischof von Regensburg“, wie auf der Titelseite vermerkt ist, bis an seinem Lebensende 1817.
Ein Datum für die Widmung hat sich der Komponist auch ausgedacht. Sie ist „zugeeignet am 4ten Nov: 1812“. Der 4. November „Carl Borromäus“, ist der Namenstag des Widmungsträgers. Genau an diesem Namenstag des Fürstprimas Carl Theodor im Jahr 1812 wurde der „Deutschhaussaal“, ein Redouten- und Ballsaal auf dem Grundstück des Stiftshofs in Aschaffenburg, mit einem festlichen Ball eröffnet.
Die Widmung des Komponisten an seinen neuen Landesherrn dürfte also auch in der Hoffnung begründet liegen, nach den kriegerischen Unruhen, Verwüstungen und Verarmungen wieder angenehmere Zeiten und auch ein fruchtbares Musikleben zu gewinnen.
Zu dieser Wiederherstellung hatte Carl Theodor sehr viel geleistet: 1808 hatte er in Aschaffenburg die Karls-Universität, gegründet, der er als Rektor vorstand. In dieser fanden zahlreiche aus Mainz geflohene Professoren und Studenten ihren neuen Ort. Auch bei der Neuerrichtung des „Großherzoglich privilegierten Theaters zu Aschaffenburg“, das am 3. November 1811 eröffnet wurde, hatte er neben einigen Bürgern regen Anteil.
Das Jahr 1812 muss ein regelrechtes Theater-Festjahr gewesen sein:
Am 31. März stand Wolfgang Amadeus Mozarts "Die Entführung aus dem Serail“ mit der Hofkapelle unter der Leitung von Johann Franz Xaver Sterkel,
am 3. April Wolfgang Amadeus Mozarts „Zauberflöte“,
am 6. Mai Paul Wranizkys „Oberon, König der Elfen" auf dem Programm.
Der Komponist Michael Henkel war Kantor und Organist in Fulda und dort ein wichtiger Akteur des Musiklebens. Seine „Variationen über das Zwei-Töne-Thema „C.D.“ bzw. „D.C.“ ragen aus seinen überwiegend für pädagogische Zwecke geschaffenen Klavierkompositionen heraus. Sie sind originell, abwechslungsreich, virtuos und münden letztlich in die gerade in Mode kommende Form des „Bolero“. Damit wären sie bei einem festlichen Ball am Namenstag des Landesherren des Jahres 1812 als attraktiver Programmpunkt denkbar.
Ernst Michael Reiter (* 1814 in Wertheim; † 1875 in Basel)
Polonoise pour le Pianoforte und Sechs Tänze für das Pianoforte
Titel: "Polonoise pour le Piano=Forte par E. M. Reiter."
und
Titel: "SECHS Taenze für das Pianoforte componirt und der Gemahlin Seiner Hochfürstl: Durchlaucht des Herrn Erbprinzen Adolph zu Löwenstein Wertheim Freudenberg etc: etc: CATHARINA Freifrau von Adlerhorsthochachtungsvollst zugeeignet von E. M. Reiter"
Lithographie "Steindr. von V. Schäfer in Wertheim. / No 4 / und No 9", [vor 1839]
Größe: 27,5 x 21,7 cm
Der Komponist Ernst Michael Reiter wurde von Mendelssohn, Brahms und v. Bülow geschätzt. Er wirkte spätestens ab 1839 in Basel als Kapellmeister und Chordirigent und wurde zur wichtigsten Musikerpersönlichkeit in Basel.
Noch vor seiner Umsiedlung nach Basel komponierte er in Wertheim elegante Tänze für das Klavier, die in Wertheim lithographiert wurden, was sehr überrascht. Vielleicht wurde nur ein einziges Widmungsexemplar gedruckt, um es dem Haus von Löwenstein zu überreichen.
Die Widmungsträgerin ist Catharina Freifrau von Adlerhorst. Da sie eine Geborene Catharina Schlundt (1807-1877), Tochter aus zweiter Ehe des Wertheimer „Seiffensieders und Lichtmachers“ Johann Christoph Schlundt war, sah man die Ehe mit dem Erbprinzen Adolph Carl Konstantin (1805-1861) des fürstlichen Hauses zu Löwenstein-Wertheim-Freudenberg ungern und verlangte von ihm eine Bedenkzeit. Die Ehe fand dennoch 1831 nicht standesgemäß statt und Catharina wurde 1832 vom badischen Großherzog zur Freifrau von Adlerhorst erhoben.
Die Noten stammen aus der fürstlich Löwenstein-Wertheim-Freudenberg’schen Hofbibliothek, wie die Übereinstimmung der Inventarnummer auf den Noten mit dem dort noch vorhandenen Inventar-Verzeichnis samt Titeleintrag zeigt. Aus dieser Bibliothek gelangten noch weitere wertvolle Noten in die Homburger Sammlung:
Franz Anton Hoffmeister (1754–1812), Klaviertrio in D; Abschrift
Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791), Klaviersonate in B (KV 333), daraus 1. Satz: Allegro und 2. Satz: Andante cantabile, Klaviersonate in D (KV 284), daraus 3. Satz: Andante in einer Abschrift des Wertheimer Kantors Johann Wilhelm Franckenstein, nach 1788. (Der früheste Nachweis eines Werks von Mozart in der Region).
Carl von Seckendorff (?–?), Zwölf Lieder mit Begleitung des Pianoforte
Carl Maria von Weber (1786–1826), Duette für 2 Soprane und Klavier Op. 31
Carl Loewe (* 1796 in Löbejün; † 1869 in Kiel)
Rückertlieder Op. 62 (2 Hefte)
Titel: "Rückert’s Gedichte. für eine Singstimme mit Begleitung DES Piano-Forte componirt von Dr. C. LOEWE.
I.t Heft. Op. 62. [und] II.t Heft Op. 62. Pr. 3|4 Rth."
Berlin, bei Ed. Bote & G. Bock.; 1840
Lithographie
Handschriftlicher Besitzervermerk auf beiden Heften: „Wilhelmine Froriep 1842. Geschenk d. V.“
Größe: 26,5 x 34 cm
Aus dem handschriftlichen Vermerk geht hervor, dass es sich um ein Geschenk des Verfassers, des bedeutenden fränkischen Dichters Friedrich Rückert (* 1788 in Schweinfurt; † Januar 1866 in Neuses) an Wilhelmine Froriep im Jahr 1842 handelt. Wilhelmine Froriep geb. Ammermüller (1808-1878) und ihr Gatte, der Arzt Robert Froriep (1804-1861) zählten in Berlin seit 1842 zu den frühesten Freunden Rückerts. Von 1841 bis 1848 hatte Rückert eine Professur an der Universität Berlin erhalten und war zum „Geheimen Rat“ ernannt worden. Er hielt lediglich in den Wintersemestern Vorlesungen. Die Frorieps verschafften ihm eine Wohnung im eigenen Haus und waren freundschaftlich mit ihm verbunden. Ihre älteste Tochter Alma (1832-1910) heiratete 1856 August Rückert, den drittältesten Sohn Rückerts.
Die beiden kurz zuvor erschienen Notenbände waren das Gastgeschenk Friedrich Rückerts bei seinem ersten Besuch Ende des Jahres 1842 bei den Frorieps in Berlin, Behrenstraße 65, wie aus einem im Goethe-Schiller-Archiv in Weimar erhaltenen Brief Rückerts an Robert Froriep hervorgeht:
"Herrn Medicinalrath Prof. Dr. Froriep
Ihre abermalige gütige Einladung auf nächsten Sonnabend 8 Uhr nehm’ ich für meine Person mit Dank an. Ob meine Damen mit wollen, mag dahingestellt bleiben.
Freundschaftlichst
Rückert"
Johann Sebastian Bach (* 1685 in Eisenach; † 1750 in Leipzig)
Chromatische Phantasie und Fuge, d-Moll
und
Johann Christian Bach (* 1735 in Leipzig; † 1782 in London)
Fuge F-Dur über BACH
Abschrift von Leonhard Meyer, Obernzenn 1855
Titel auf dem Titelschild: „Fantasie v. S. Bach Fuge v. Ch. Bach f20 Meyer“
Titel in den Noten:
"Fantasie chromatique composée par J. S. Bach."
und
„Fuge für das Pianoforte oder die Orgel comp. v. Christian Bach. über die Buchstaben seines Namens BACH. Pr. 8 Gr.“
Größe: 24,5 x 33 cm
Leonhard Meyer hat große Bedeutung nicht nur im Ansbacher Musikleben, sondern darüber hinaus bei der Wiederentdeckung der Musik Johann Sebastian Bachs in Franken. Er wurde im Jahr 1832 in Markt Berolzheim geboren, hatte in München u. a. bei Otto Erdmann Scherzer Orgel studiert und war Lehrer am Königlichen Konservatorium, als er 1861 zum Ansbacher Stadt- und Stiftskantor berufen wurde. Diese Stellung hatte er bis zu seinem Tod im Jahr 1893 inne. Bachs Klavierwerke wurden von ihm besonders geschätzt und fehlten in keinem Konzert, so spielte er im Jahr 1863 die „Chromatische Phantasie und Fuge“. Dies ist um so bemerkenswerter, als erst seit dem Jahr 1851 die Bach’sche Gesamtausgabe entstand. Meyer hat die beiden Werke 1855 in Obernzenn abgeschrieben.
Bei dem Werk Joahann Christian Bachs handelt es sich sicher um eine Abschrift der 1814/15 in Leipzig bei "C. F. Peters Bureau de Musique" erschienenen Erstausgabe.
August Maier, der Vorgänger Leonhard Meyers, hatte als Klavierschüler den Baron Krafft von Crailsheim, der am 7.11.1857 Maiers „Bravour-Variationen für Klavier“ in einem Konzert spielte.
BÜCHER
Hof- Stands- und Staatskalender 1758
Hof- Stands- und Staatskalender 1773
Würzburger Hof- Staats- und Standskalender für das Jahr 1780
Würzburger Hof- und Staatskalender für das Jahr 1798
Größe: 16,5 x 10 cm
Die Würzburger Hof- Stands- und Staatskalender erschienen unter leicht veränderten Namen von 1748 bis 1813:
"Fürstlichen Hoch-Stiffts Wirtzburg, und Hertzogthums Francken Hof-, Stands- und Staats-Calender"
"Wirzburger Hof-, Staats- und Standskalender"
"Großherzoglich Würzburgischer Hof- und Staats-Kalender"
Sie geben Auskunft, wer am Hof welche Position innehatte, und wer in der Verwaltung in welcher Position angestellt war. So erhalten wir auch Nachricht von der Größe und den Mitgliedern der Hofmusik. Im Jahr 1758 befinden sich etliche klangvolle Namen:
Hochfürstl. Hof- und Cammer-Musici.
| Hr. Georg Waßmuth, Capellmeister
| Jungfer Catharina Pfisterin, Soperanistin.
| Jungfer Margaretha Bochsleidnerin, Soperanistin.
| Frau Magdalena Andrein, Altistin.
| *Jungfer Franciska Beschelin, Altistin.
| Hr. Johann Georg Laudensack, Tenorist.
| Hr. Johann Georg Ley, Bassist. vide pag. 15 (beeder Rechten Doctor ...)
| Hr. Johann Platti, Hautboiste.
| Hr. Johann Georg Retzer. Violinisten.
| Hr. Johann Jakob Degen. (Siehe auch S. 15: Canclist)
| Hr. Johann Georg Wolff.
| Hr. Johann Ludwig Geiger.
| Hr. Lorentz Joseph Schmitt.
| Hr. Wilhelm Kiefner.
| *Hr. Joseph Ignatz Feckler.
| Hr. Johann Georg Fegelein, Violoncellist.
| Hr. Jacob Leo, Violoncellist
| Hr. Johann Wendel Butzfeld, Violonist.
| Hr. Albertus Kette, Organist
| Hr. Joseph Boxleidner, Waldhornist.
| Hr. Lotharius Dell, Waldhornist.
| Hr. Georgg Diedel, Waldhornist.
| Hr. Fridrich Domnich, Waldhornist.
| Hr. Johann Georg Boxleidner, Sopranist.
| Hr. Wilhelm Dürig, Bassist.
| Hr. Johann Martin Fischer, Bassist
| Hr. Jacob Brack, Hautboist.
| Hr. Johann Peter Cron, Hautboist.
| Hr. Johann Philipp Seuffert, Orgelmacher.
| Zacharias Fischer , Geigenmacher.
| Benedict Hornmayer, Calcant.
Frankfurter Frag- und Anzeigungs-Nachrichten, Jahrgang 1763
Titel: "Ordentliche wochentliche Franckfurter Frag- und Anzeigungs-Nachrichten. Welche bey dem Johann David Jung, Buchhändler hinter dem Römer gegen der Stadt Amsterdam über, wochentlich zweymal, als Dienstags und Freytags Vormittag ausgegeben und bekannt gemacht werden."
Ca. 850 Seiten
Größe: 21 x 17,5 cm
Dieser Jahrgang ist von besonderem Interesse, da er zwei "Avertissements" enthält, die Leopold Mozart (* 1719 in Augsburg; † 1787 in Salzburg) darin einrücken ließ, um auf zwei Konzerte seiner Kinder hinzuweisen.
Im Juni 1763 war die Familie Mozart, d.h. die Eltern mit den beiden Kindern Wolfgang Amadé (* 1756 in Salzburg; † 1791 in Wien) und Maria Anna Walburga, genannt „Nannerl“, (* 1751 in Salzburg; † 1829 ebenda) von Salzburg aus zu einer mehr als dreijährigen Reise zu den Höfen und Musikmetropolen Europas aufgebrochen, um das Talent der Kinder vorzustellen. In Frankfurt kam man um den 10. August mit dem Marktschiff aus Mainz an. Leopold hatte zwei Konzerte mit der gerade zwölf Jahre gewordenen Tochter und dem sieben Jahre alten Sohn organisiert, die im „Scharffischen Saal“ hinter dem Liebfrauenberg stattfanden, die er mit den beiden "Avertissements" in der Frankfurter Presse bewarb:
Frankfurter Frag- und Anzeigungs-Nachrichten, Nro. LXVII., Dienstags, den 16. August 1763.
„AVERTISSEMENT.
Den Liebhabern der Music sowohl als allen denjenigen, die an ausserordentlichen Dingen einiges Vergnügen finden, wird bekannt gemacht, daß nächstkommenden Donnerstag den 18. August in dem Scharfischen Saal auf dem Liebfrauenberg Abends um 6. Uhr ein Concert wird aufgeführet werden, wobey man 2. Kinder, nemlich ein Mädgen von 12. und einen Knaben von 7. Jahren Concerten, Trio und Sonaten, dann den Knaben das nemliche auch auf der Violin in unglaublicher Fertigkeit wegspielen hören wird. Wenn nun dieses von so jungen Kindern und in solcher Stärke, da der Knab vom Klavier gänzlich Meister ist, etwas unerhörtes und unglaubliches ist; so, daß dieser beyder Kinder Geschicklichkeit nicht nur den Churfürstl. Sächsischen, Churbayrischen und Churpfälzischen Hof in Verwunderung gesetzet, sondern auch den Kayserl. Königl. Allerhöchsten Majestät bei einem 4 Monatlichen Aufenthalt in Wien zu einem sonderheitlichen Unterhalt und der Gegenstand einer allgemeinen Verwunderung waren: Als hoffet man um so eher auch dem hiesigen Publico einiges Vergnügen zu verschaffen, da man denjenigen noch zu erwarten hat, der mit Wahrheit zu sagen im Stande ist, dass er dieses von Kindern solches Alters gesehen oder gehöret hat. Weiters dienet zur Nachricht, daß dieß nur das einzige Concert seyn wird, indem sie dann gleich ihre Reise nach Franckreich und Engelland fortsetzen, die Person zahlet einen kleinen Thaler.“
Frankfurter Frag- und Anzeigungs-Nachrichten, Nro. LXXI., Dienstags, den 30. August 1763.
„AVERTISSEMENT.
Die allgemeine Bewunderung, welche die noch niemahls in solchem Grade weder gesehene noch gehörte Geschicklichkeit der 2. Kinder des Höchfürstl.Saltzburgischen Capellmeisters Herrn Leopold Mozart, in den Gemüthern aller Zuhörer erwecket, hat die bereits dreymahlige Wiederholung des nur für einmahl angesetzten Concertes nach sich gezogen. Ja, diese allgemeine Bewunderung und das Anverlangen verschiedener grossen Kenner und Liebhaber ist die Ursach, daß heute Dienstags den 30. Aug. in dem Scharfischen Saale auf dem Liebfrauenberg Abends um 6. Uhr, aber gantz gewiß das letzte Concert seyn wird; wobey das Mägdlein, welches im zwölften, und der Knab, der im 7ten Jahre ist, nicht nur Concerten auf den Claveßin oder Flügel, und zwar ersteres die schwersten Stücke der grösten Meister spielen wird: sondern der Knab wird auch ein Concert auf der Violin spielen, bey Synfonien mit dem Clavier accompagniren, das Manual oder die Tastatur des Clavier mit einem Tuche gänzlich verdecken, und auf dem Tuche so gut spielen als ob er die Claviatur vor Augen hätte; er wird ferner in der Entfernung alle Töne, die man einzeln, oder in Accorden auf dem Clavier, oder auf allen nur erdencklichen Instrumenten, Glocken, Gläsern und Uhren rc. anzugeben im Stande ist, genauest benennen. Letzlich wird er nicht nur auf dem Flügel, sondern auch auf einer Orgel (so lange man zuhören will, und aus allen auch den schwersten Tönen, die man ihm benennen kann), vom Kopfe phantasiren, um zu zeigen, dass er auch die Art, die Orgel zu spielen verstehet, die von der Art, den Flügel zu spielen, ganz unterschieden ist. Die Person zahlt einen kleinen Thaler. Man kann Billets im goldenen Löwen haben.“
Die Konzerte waren außerordentlich erfolgreich, so dass Leopold Mozart am 20. August 1763 an Lorenz Hagenauer in Salzburg schreiben konnte:
„Am 18. war unser Concert. Es war gut. Am 22.ten oder 22.ten wird es wieder seyn, und auch am 25.ten oder 26.ten ... Gott giebt uns die Gnade, daß wir, Gott Lob, gesund sind, und aller Orten bewundert werden.“
Die Erinnerungen des Moritz Steinert aus Scheinfeld
Titel: "Reminiscences of Morris Steinert Compiled and Arranged by Jane Marlin"
G. P Putnam‘s Sons, New York and London 1900
Geboren als Moritz Steinert im Jahr 1831 im mittelfränkischen Städtchen Scheinfeld erhielt er aus Ermangelung eines Klaviers Unterricht an einem vollkommen veralteten Clavichord. Nach einem erlebnisreichen Leben eröffnete er in den Sechziger Jahren des 19. Jh. als Morris Steinert in New Haven ein Musikgeschäft, in dem Noten und gebrauchte Instrumente gehandelt wurden. Befreundet mit William Steinway wurde er im Jahr 1874 Agent und Händler für die Firma Steinway in New Haven. Sein Geschäft war äußerst erfolgreich, Steinert verkaufte Hunderte von Klavieren dieser Firma.
Das Buch ist eine Aufzeichnung seiner Erinnerungen und Empfindungen. Er hatte das Leben armer Juden in Russland, den Bürgerkrieg und die Sklaverei, sowie das Geschäftsleben in Amerika aus nächster Nähe erlebt. Das Leitthema seines späten Lebensabschnitts war die Erinnerung an und die Sehnsucht nach den alten Tasteninstrumenten und ihren Klängen in Franken. Im schlechten Gewissen, zu viele unsensible Instrumente verkauft zu haben, reiste er nach Franken, fand sein altes Clavichord an gleichr Stelle wieder und erwarb es und viele weitere Tasteninstrumente. Hierzu durchkämmte er ganz Franken nach alten Tasteninstrumenten und ließ sie mit Perdefuhrwerken zum Transport nach Amerika transportieren, was in Photographien im Buch dokumentiert ist. In der neuen Welt stellte er diese Instrumente der Musikwelt in Ausstellungen, Vorträgen und Konzerten vor. Er zählt damit zu den frühen Pionieren, die von den Vorzügen überzeugt waren, die Musik mit Instrumenten ihrer zugehörigen Epoche erklingen zu lassen.
Im Jahr 1900 vermachre er die in Eurapa als unbedeutend angesehenen Instrumente der Yale University in New Haven.
TASTENINSTRUMENTE
Tafelklavier ("Pantaleon")
Georg Ludwig Krämer (* 1731 in Neuenhaus; † 1790 in Bamberg), mit großer Wahrscheinlichkeit zugeschrieben; Bamberg um 1770
Umfang: C - f3
Besaitung: durchgehend zweisaitig
2 (?) Züge (Laute, Harfe); nachträglich Dämpfung
Stoßmechanik ohne Ausösung
Das Tafelklavier hat keine Signatur. Eine Zuschreibung ist dennoch an Georg Ludwig Krämer möglich, da die spezielle Stoßmechanik ausschließlich bei seinen Tafelklavieren vorkommt und die Profilleisten mit denen seiner signierten Tafelklaviere übereinstimmen. Zudem befindet sich der ursprüngliche Standort des Instruments unweit der Werkstatt Krämers.
Die wenigen erhaltenen Hammerklaviere Krämers zeigen in vielen Bereichen höchst originelle Details und Erfindungen.
Um 1830 wurde eine Einzeltondämpfung eingebaut, was beweist, dass das Instrument noch gespielt wurde.
Der in seiner Bedeutung und Originalität unterschätzte Georg Ludwig Krämer wurde 1730 im Württembergischen Neuenhaus geboren und entwickelte derartige Hammerklaviere 1761 in Nürnberg. Im Jahr 1764 wurde er vom Bamberger Füstbischof zum dortigen "Hoforgel- und Instrumentenbaumeister" berufen, vermutlich auch wegen seiner innovativen Kenntnisse im Hammerklavierbau.
In verschiedenen Beiträgen hat Michael Günther gezeigt, dass Krämer als der geistige Stammvater des englischen "square piano"-Baus gelten kann. Diese "square pianos" galten bisher als englische Erfindung, was allerdings nicht länger haltbar ist. Johann Christoph Zumpe führte nach einem Besuch seiner Verwandten in Fürth diesen Instrumententyp Krämers, den er in Nürnberg kennengelernt haben dürfte, nach London ein, und löste um 1768 eine ungeahnte Begeisterung für das "square piano" aus, das nun in großen Stückzahlen im Prinzip ähnlich hergestellt wurde.
Das Instrument wurde Mitte des 20. Jh. gänzlich abgelaugt und hat dabei seine originale rot- und türkisfarbene Fassung und bei dieser Prozedur wohl auch die Signatur auf einem eingeklebten Zettel verloren. Es hat einen bedeutenden Wert als Dokument und Belegstück und soll daher unrestauriert bleiben.
Das Instrument stammt aus dem Wasserschloss Weißdorf in Oberfranken im Fichtelgebirge.
Tafelklavier ("Pantaleon")
Johann Andreas Mahr (* 1722 in Eppstein; † 1788 in Wiesbaden) oder Johann Gottfried Mahr (1752 in Wiesbaden; † 1812 ebenda) zugeschrieben; Wiesbaden, vielleicht Mitte des 18. Jh.
Umfang: F1 - f3
Besaitung: F1 - H1 einsaitig, ab C durchgehend zweisaitig
3 Züge (Laute, Harfe, Dämpfung)
Prellmechanik mit Einzeldämpfung
Das Tafelklavier hat keine Signatur. Eine Zuschreibung ist dennoch an Johann Andreas Mahr oder seinen Sohn Johann Gottfried Mahr möglich, da sowohl die Ptofilleisten wie auch die spezielle Mechanik ausschließlich bei deren signierten Tafelklavieren vorkommen.
Das Instrument gibt gewisse Rätsel auf: Eine dendrochronologische Untersuchung des Resonanzbodens ergab, dass dieser nicht vor 1780 gefertigt sein kann. Hingegen kann die Bauart des Instruments mit einem fest eingebauten Waagebalken nur bedeuten, dass es sich um ein ganz frühes Instrument der Mahrs handeln muss. Alle anderen von ihnen gefertigten Instrumente besitzen einen moderneren Klaviaturrahmen, der komplett mit allen Tastenhebeln entnommen werden kann. Außerdem hatte das Instrument drei Pedale, die nicht mit dem Gestell vereinbar sind. Ein frühes Alter um die Mitte des 18. Jahrhunderts würde auch die Dekoration mit Scharnieren im Stil des Rokoko erklären wie auch die Art und Form der Dekor-Papiere für die Stirnseiten der Untertasten. Auch fehlt die bei späteren Instrumenten der Mahrs eingeklebte hübsche Vignette mit den Namen und einer Datierung, die beim Umbau verloren gegangeh sein mag, oder zur Mitte des 18. Jh. noch gar nicht zur Verfügung stand. Eine sinnvolle Erklärung wäre in diesem Fall, dass der Resonanzboden des reparaturbedürftigen Instruments ausgewechselt wurde, was durchaus üblich war. Eine andere Erklärung könnte sein, dass ein älterer, nicht fertig gestellter Korpus noch vorhanden war, der nach 1780 zu einem Neubau verwendet wurde.
Die Dekoration des Instruments sah eine Aufwertung des verwendeten einheimischen Holzes vor, mit dem Ziel, exotische Hölzer vorzutäuschen. Hierzu wurde auf die sichtbaren Flächen der Farbstoff Drachenblut, ein rot färbendes Harz, als lasierende Farb- und Lackfassung aufgetragen.
Der Ton dieses Tafelklaviers ist sehr zart und orientierte sich noch am Clavichord, dessen dynamische Fähigkeiten mit stärkerem Ton und einigen "Veränderungen" angestrebt wurden.
Der 1722 in Eppstein geborene Johann Andreas Mahr (sen.) war Schüler seines Vaters Anton Mahr und kam als Geselle nach Frankfurt. Mitte der 50er Jahre des 18. Jahrhunderts begann seine Tätigkeit in Wiesbaden. Im Jahr 1766 erhielt er die Aufsicht über die Orgeln im Oberamt Idstein. Er führte den Titel eines "Hoff-Mechanicus" in Wiesbaden und starb 1788 ebenda.
Die Photographie entstand im Jahr 2006 während der Ausstellung des „81. Bachfest der Neuen Bachgesellschaft“ in den kurfürstlichen Wohnräumen in Schloß Johannisburg in Aschaffenburg. Die Ausstattung der Innenräume und die Möbel stimmen stilistisch mit dem Instrument überein.
Tafelklavier ("Pantaleon")
Joseph Anton Boos (* 1727 in Koblenz; † 1804 in Bamberg) mit Sicherheit zugeschrieben; Mainz, um 1767
Umfang: F1 - f3
Besaitung: Durchgehend zweisaitig
3 Züge; Keine Dämpfung
Prellmechanik mit Prelleiste ohne Ausösung
Das unsignierte Instrument kann sicher an Joseph Anton Boos wegen der Übereinstimmung der Profilleisten mit seinem signierten, im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg erhaltenen Instrument von 1767 zugeschrieben werden.
Bei einem Umbau im Jahr 1838 durch Adalbert Laucher wurde eine neue Mechanik eingebaut und das Instrument stärker besaitet. Die ursprüngliche Mechanik wurde später wiederhergestellt.
Das Instrument ist äußerst aufwändig und mit feinstem Geschmack dekoriert. Die Marketerie verwendet folgende Holzarten: Nussbaum, Ahorn, Pflaume, Padouk, Rosenholz, Nussbaummaser und Ahorn, grün und graubraun gefärbt. Das Instrument, das zu den am kunstvollsten und aufwendigsten dekorierten Tafelklavieren des 18. Jahrhunderts zählt, konnte nur von einem vermögenden und der Möbelkunst verfallenen Liebhaber derartiger Instrumente erworben worden sein.
Der im Jahr 1727 in Koblenz geborene Joseph Anton Boos war Orgelmacher wie sein Vater und Bruder. Ende der Dreißiger Jahre kam er nach Mainz, wo er später auch als Organist tätig war. Im Jahr 1794 begab er sich nach Bamberg, wo er im Jahr 1804 starb. Boos baute auch Flötenwerke und Flötenuhren. Eine mögliche Verbindung zur Werkstatt der Roentgens in Neuwied ist noch zu erforschen.
Die Photographie entstand im Jahr 2006 während der Ausstellung des „81. Bachfest der Neuen Bachgesellschaft“ in den kurfürstlichen Wohnräumen in Schloß Johannisburg in Aschaffenburg. Die Ausstattung der Innenräume und die Möbel stimmen nicht nur stilistisch mit dem Instrument überein, der Instrumentenmacher Boos war am Mainzer Hof bekannt.
Tafelklavier
Johannes Oberndörfer (* 1744 in Jugenheim an der Bergstraße; † 1816 in Jugenheim) zugeschrieben
Jugenheim an der Bergstraße, bei Darmstadt, um 1816 in Darmstatdt
Umfang: C - f3
Besaitung: durchgehend zweisaitig
Prellmechanik mit Zwischentreiber
Eine größere Anzahl erhaltener Fortepianos mit einer sehr speziellen Mechanik, einer Prellmechanik mit Zwischentreiber, die weder signiert noch datiert sind, kann nun durch das Homburger Instrument dem Großherzoglich Hessen-Darmstädtischen Hoforgelmacher Johannes Oberndörfer zugeschrieben werden. Schlüssel zur Zuschreibung war die Beschreibung deren Modelle in einem zeitgenössischen Staatskalender, in dem die einzelnen Modelle und auch Materialien beschrieben sind. Zum Zweiten, dass die Instrumente alle im engeren Umkreis von Darmstadt ihren ursprünglichen Standort hatten. Die letzte Sicherheit gab, dass das Homburger Instrument aus Roßdorf bzw. Gundernhausen bei Darmstadt stammt, wo etwa zeitgleich, 1793 eine Orgel von Johannes Oberndörfer errichtet wurde. Und als nachträgliche Bestätigung zu dieser Zuschreibung fanden sich bei der Untersuchung zweier Instrumente dieser Instrumnetengruppe in einer Privatsammlung im Innern die Vermerke des Mitarbeiters und Werstattnachfolgers Johann Philipp Heil in Seeheim.
Nach anfänglichem Schuldienst wechselte Johannes Oberndörfer zum Instrumentenbau. Der Erbpriz Ludwig (1753-1830), (der spätere Landgraf Ludwig X. und noch spätere Großherzog Ludewig) ermunterte ihn hierzu und verlieh ihm den Titel "Hofinstrumenteur".
Tafelklavier
Jacob Pfister (* 1770 in Opferbaum; † 1838 in Würzburg), Würzburg, um 1800
Das Instrument besitzt eine Signatur auf dem Vorsatzbrett: "Jacob Pfister in Würzburg."
Umfang: F1 - f4
Besaitung: F1 - C einsaitig, Cis - f4 zweisaitig
Prellzungenmechanik ("Wiener Mechanik")
Der im Jahr 1770 in Opferbaum bei Würzburg geborene Jacob Pfister hatte als Geselle die Städte Frankfurt, Mainz, Mannheim, Augsburg, München und vielleicht Dresden und Prag bereist. Für seine weitere Entwicklung war sein sechsjähriger Aufenthalt in Wien bei den bedeutenden Klaviermachern Brodmann, Rosenberger und Walter entscheidend. Im Jahr 1800 wurde er in seiner Heimatstadt Würzburg ansässig, nachdem kein Geringerer als Johann Franz Xaver Sterkel einen Flügel als "Probstück" für gut befunden hatte. Das Instrument könne man "allen bisher bekannten Wiener Arbeiten dieser Art an die Seite stellen".
Von Anfang an verwendete Pfister die aufwändige Prellzungenmechanik auch in seinen Tafelklavieren und nicht nur in den Hammerflügeln, wie das „Würzburger Intelligenzblatt“ 1801 ausführte: Die Mechanik seiner "Queer-Fortepiano" entspreche vollkommen der eines Flügels. Das Instrument dürfte aus stilistischen Gründen kurz nach 1800 gebaut worden sein und ist sicher das älteste der insgesamt fünf erhaltenen Tafelklaviere Pfisters.
Es wurde im Jahr 1874 durch den Orgelmacher Anton Ethöfer in Karlstadt repariert. Nach einer gewissenhaften Restaurierung erklang es im Jahr 2011 erstmals wieder in Konzerten.
Hammerflügel
Theodor Christoph Haug (* 1771; † 1847 in Stuttgart), Stuttgart 1815
Umfang: F1 – f4
F1 – gis2 zweisaitig, a2 – f4 dreisaitig;
3 Kniehebel: Links: Aufhebung der Dämpfung / Mitte: Pianissimo („Coelestin") / Rechts: „Piano" (Moderator)
Prellzungenmechanik („Wiener Mechanik")
Zweifache Signatur:
Gedruckte Papiervignette auf dem Resonanzboden:
„T. C. Haug Hof-Instrumentenmacher in Stuttgard"
Handschriftlich auf dem Unterboden hinter dem Damm, sichtbar nur mit Spiegel durch das Dammfenster:
„Haug Stuttgard 1815"
Das Instrument ist im ausgereiften, klassizistischen Stil ohne Zierrat gefertigt. Das Dekor besteht aus der Textur des Nussbaumfurniers der glatten Flächen. Das senkrecht laufende Furnier ist geklappt und gespiegelt und läuft mit einem Rapport über das gesamte Instrument. Dazu bildet im Klaviaturbereich das mit schwarzen Adern durchsetzte Nussbaummaserholz und die mit Ebenholz belegte Klaviatur einen Kontrast.
Auch das Klangideal verzichtet auf vordergründige Effekte und vertraut ganz allein auf einen perfekt ausbalancierten, edlen Klang, der auf feine Nuancen im Anschlag reagiert und neben der Aufhebung der Dämpfung mit zwei Kniehebeln moderiert werden kann.
Theodor Christoph Haug wurde 1771 geboren. Er erlernte sein Handwerk bei seinem in Stuttgart und Ludwigsburg wirkenden Vater Johann Friedrich Haug, der ab 1758 in den Staatskalendern als "Hofinstrumentenmacher" erwähnt wird und der viele Instrumente für den musikliebenden Herzog Karl Eugen lieferte. Seine Vervollkommnung erhielt Theodor Christoph Haug bei Johann Andreas Stein in Augsburg, dessen Bauart und Idealen er folgte. 1793 übernahm er die väterliche Werkstatt. Er starb im Jahr 1847.
Er erbaute nur wenige Instrumente, die zu höchsten Preisen verkauft wurden.
Das Instrument wurde für die in dieser Zeit für die Landespolitik sehr bedeutende Familie von Woellwarth erworben. Diese zogen sicch in das beschauliche Schloss Birkenfeld im unterfränkischen Maroldsweisach in den Haßbergen zurück, wofür der Flügel offensichtlich bestellt worden war. Durch Heirat kam es dort im Jahr 1841 in eine andere Familie, in der das Instrument aber bis zum Erwerb für die Homburg Sammlung blieb.
Eine große und behutsame Restaurierung machen das Instrument zu eiem Glanzpunkt der Sammlung.
Giraffenflügel
Christoph Ehrlich (* 1781 in Waldenburg; † 1830 in Bamberg); Bamberg 1825
Die Signaturen des Hammerflügels:
Auf einer emaillierten Plakette auf dem Vorsatzbrett: "Verfertiget von Christoph Ehrlich zu Bamberg."
Eine eingestempelte Signatur mit Datierung im Innern auf dem Stimmstock: "EHRLICH BAMBERG 1825".
Umfang: C1 - g4
Besaitung: C1 - gis1 zweisaitig, a1 - g4 dreisaitig
6 Pedale: Fagottzug, Aufhebung der Dämpfung, Pianissimo, Piano, Una corde, Janitscharenzug
Prellzungenmechanik ("Wiener Mechanik")
Das prächtige, gänzlich original erhaltene Instrument ist in aufrecht stehender Form gebaut. Damit benötigt das Instrument trotz großen Umfangs und bei extrem langen Saitenlängen weniger Stellfläche als ein Tafelklavier.
Ehrlich entstammt einer großen Orgelmacherfamilie in Waldenburg in der Grafschaft Hohenlohe. Er erhielt auch eine Ausbildung im "Architekturmalen und Landschafts-Zeichnen", so dass er die Dekorationen seiner Instruments mit Zeichnungen selbst ausgeführt haben mag. Ab 1808 wurde er Bürger in Bamberg und richtete seine eigene Werkstatt am Oberen Stephansberg ein.
Ehrlich nutzte eine neue Verkaufsmethode: Durch Inserate suchte er jeweils 125 Kunden, die ein Instrument subskribierten und 2 1/2 Jahre monatlich einen Gulden zahlten. Sie erhielten ihr Fortepiano innerhalb dieser Zeit. Dies ermöglichte Ehrlich eine gute Kalkulation und dem Kunden einen güstigen Preis. Diese Methode war offensichtlich sehr erfolgreich, denn er führte sie dreimal durch, so dass er mit seinen Gehilfen mindestens 375 Fortepianos in verschiedenen Formen herstellen und verkaufen konnte.
Der Homburger Giraffenflügel wurde aus dem 1824 veröffentlichten "Dritten Abonnement auf Piano-Forte’s, Guitarren und Melodica’s" von einem Schullehrer erworben, dessen Tochter 1868 in Würzburg den späteren Domorganisten und Chorleiter Johann Georg Höller heiratete. Damit kam das Instrument in die hochbedeutende Unter- und Oberfränkische Musikerfamilie Höller. Die Tochter Margarete wurde Domorganistin in Würzburg, der Sohn Valentin Domorganist in Bamberg, und dessen Sohn Karl Höller darf zu den bedeutendsten Komponisten im 20. Jahrhundert in Bayern gerechnet werden. Er wurde als Professor für Komposition an die Münchner Musikhochschule berufen und wurde später auch deren Präsident. Karl Höller starb 1987, und der Giraffenflügel kam in großzügigster Weise als Dauerleihgabe durch seine Tochter Sibylle Höller von Fischbachau, wo er in Karl Höllers Haus von bemerkenswerten Memorabilia des hochgeehrten Musikers umgeben war, in die Sammlung von Schloss Homburg, um im fränkischen Musikleben wieder verwendet zu werden.
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